Wie der Staat seine Verpflichtungen “outsourced”

Ich hab ja auch beruflich ziemlich direkt mit Werbung zu tun. Damit, wie Werbung besonders effizient wirkt, wie man am Ende Menschen dazu bekommt, etwas zu wollen, was ihnen vorher noch völlig egal war. Oder damit, etwas gut zu finden, was eigentlich – objektiv gesehen – zumindest suboptimal ist. Tolle Werbung ist ja im Prinzip die, mit der die Bahn z.B. eine 10% Preiserhöhung ankündigt – und zwar so, dass hinterher mehr Menschen bahnfahren. Ich weiß, unrealistisch, aber das ist es doch, wo alle hinwollen.

Was das mit dem Staat zu tun hat? Aus meiner Sicht gehört es zu den wesentlichsten Aufgaben der staatlichen Administration für Sicherheit zu sorgen. Sicherheit heißt natürlich Schutz vor Kriminalität oder Eingriffen von außen (Krieg), das heißt aber auch Schutz vor unnötigen Lebensrisiken. Also zum Beispiel vor Feuer. Dies wird unter anderem dadurch gewährleistet, dass uns allen ein – wenn man so will – staatlicher Dienstleister betreut, der im Volksgebrauch “Feuerwehr” genannt wird. Ich bin ja in Hamburg Bahrenfeld/Altona/Ottensen groß geworden. Da macht das eine Berufsfeuerwehr. Also Menschen, die vom Staat dafür eingestellt werden, möglichst schnell Feuer zu löschen (platt gesagt). Irgendwann bin ich dann ja raus aufs Land. Hier ist das mit der Besiedelungsdichte so ‘ne Sache und irgendwie wäre es recht schwierig, eine Feuerwehr zu installieren, die für die gleiche Menge Menschen zuständig ist, und trotzdem in sinnvollen Zeiträumen zu Hilfe eilt. Sprich: Es wird deutlich teurer, hier den Bürgern den gleichen Schutz anzugedeihen, wie in der Großstadt. Soweit, so schwierig. Was passiert also? Man richtet “freiwillige Feuerwehren” ein. Mehr oder weniger jedes Dorf hat also seine Feuerwehr, die im Brandfall wohl auch relativ schnell vor Ort sein kann. Möglicherweise in Spezialfällen nicht so gut qualifiziert, aber für den normalen Hausbrand reicht es wohl. Freiwillig heißt, dass hier viele Menschen ehrenamtlich Ihre Birne ins Feuer halten. Und Ehrenamt heißt Kostenlos.

Nun will ich die Motivation der freiwilligen Feuerwehrleute nicht hinterfragen, ist es doch irgendwo sehr nett, dass sie so selbstlos diesen Dienst an der Gemeinschaft verüben. Immerhin retten die ja auch meine Wii, sollte das Haus mal Feuer fangen. Ärgerlich finde ich aber die Art, wie meine Gemeinde nun versucht neue Ehrenämtler zu finden. Man bekommt ein schreiben, in dem man durch Ansprache diverser Tugenden moralisch dahin getrieben werden soll, sich doch (gefälligst) an der FF zu beteiligen.

Da wird dann ausgiebig beschrieben, dass es doch so toll sei dort zu sein, man viele nette Menschen kennenlernt, die Kameradschaft wäre ja auch großartig dort, man unternimmt vieles zusammen, tut was interessantes, ach ja, und ab und an muss man halt Mal zu einem Einsatz.

Man macht was für Lau, wofür andere zurecht bezahlt werden. Clever.

Die Jungs und Mädels von der FF bekommen, wenn das Schreiben nichts verschweigt, nix für ihren Einsatz. Möglicherweise ein Dankschreiben alle 10 Jahre Mitgliedschaft. Nix. Aber wir sind ja so Dankbar. Wow. Wäre ich bei der FF, ich würde mich kräftig veräppelt fühlen.

Wenn Sie schonmal da sind, können Sie doch unsere Brände löschen. Ach ja und Dankbar sind wir Ihnen auch ein bisschen. Ihre Gemeindeverwaltung.

Wenn wir es uns schon nicht Leisten wollen oder können, die Brandretter auch für ihren Einsatz zu entlohnen, sollte man da nicht wenigstens mit offenen Karten spielen? Mal ab von meiner generellen Skepsis gegenüber dem Ehrenamt vor allem in Sicherheitsrelevanten Positionen (Profis machen ihren Job ja meist schon qualifizierter als Teilzeit-Hobby-Irgendwasse), selbst wenn ich das ganze interessant fände… So nicht.

Warum nicht irgendwas ehrliches?

Liebe Gemeindemitglieder, wie Sie sicherlich wissen ist die Steuerlast für uns alle schon sehr hoch. Gerne möchten wir versuchen diese Belastung für alle nicht noch weiter steigen zu lassen. Dies bedeutet nun leider, dass wir uns keine Berufsfeuerwehr leisten können. Sicher sind Sie bereits mit dem Konzept einer freiwilligen Feuerwehr vertraut. Vielleicht sind ja auch Freunde oder Bekannte von Ihnen dort bereits aktiv. Es wäre schön, wenn auch Sie sich dazu durchringen könnten uns dabei zu unterstützen den Feuerschutz für alle Gemeindemitglieder sicherzustellen. Dies können Sie zum Beispiel, indem Sie sich bei der freiwilligen Feuerwehr engagieren.

Natürlich gibt es auch andere Seiten: Die Atmosphäre ist toll, die Kameradschaft großartig, Sie werden viele neue Kontakte knüpfen können.

Vielen Dank für Ihre Unterstüztung, der Gemeinderat

Wie wäre das? Da würde ich fast nachdenken ob ich nicht… aber nur fast 😉 (Ich weiß hier lesen Werbetexter mit, habt ihr noch Vorschläge? Immer her damit).

7 Gedanken zu „Wie der Staat seine Verpflichtungen “outsourced”

  1. Willkommen ausserhalb des kleinen Gebietes der Grosstädte. Überall ausserhalb der wenigen „wir bringen viele Menschen auf kleinsten Raum unter“-Reservate, ist man entweder im Fussballverein, dem Schützenverein oder der freiwilligen Feuerwehr.

    Berufsfeuerwehren gibt es nur, weil es in den Städten bei einem Brand typischerweise zu viel grösseren Schäden kommt, als wenn „auf dem Dorf“ die Scheune abbrennt. Feuerwehre sind historisch immer ein Mittel der freiwilligen Selbsthilfe gewesen.

    Mehr dazu auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Berufsfeuerwehr

  2. Ein paar kleine Anmerkungen:

    Die Bereitstellung der Feuerwehr ist i.d.R. kommunale Aufgabe. Eine Kommunane kann entweder die FF einsetzen oder aber

    a.) eine Berufsfeuerwehr gründen, ausrüsten und bezahlen.

    b.) in Ausnahmefällen Menschen verpflichten, Dienst bei der Feuerwehr abzuleisten.

    Eine freiwilluge Feuerwehr ist oftmal das Mitter der Wahl.

    Feuerwehrleute bekommen (kännen bekommen) für ihre Einsätze eine Aufwandsentschädigung. Gut, die reicht nun nicht, um Menschen, die man nur mit $$$ bzw. €€€ motivieren kann, für die FF zu begeistern…

    Viele FFler sind auch dabei, um so der Wehrpflicht zu entgehen.

  3. @ Nik

    Zumindest hier in der Gegend ist kein Geld für eine Entschädigung vorhanden, sonst müsste wohl kaum für neue Uniformen gesammelt werden.
    Und ausreichende finanzielle Mittel, die wohl in einer Berufsfeuerwehr eher gegeben sind als bei einer FF, sorgen nunmal auch dafür, dass die Jungs im Zweifel wissen, was sie tun und nicht einfach nur mit dem Gartenschlauch anrollen – egal, ob es darum geht eine Katze vom Baum zu holen oder Fett zu löschen.

  4. Nur mal so am Rande: Es geht mir im Artikel weniger um die FF und Ihre Leistungen als darum, wie deren Marketing aufgestellt ist 🙂

    Weitermachen.

  5. @Curi0us
    Dann berate die Blauröcke doch mal marketingtechnisch…

    @Tante Polly
    Klar hat eineBF mehr Geld zur Verfügung als eine FF. Sie kostet den Betreiber ja auch ein Vielfaches. Geld, was die Kommune aufbringen muß. Im Zweifeln also höhere Abgaben für…

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