JHV-Preview

Alljährlich steht die Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli vor der Tür und der geneigte Leser kann sich die Sammlung der Anträge für diese hier im Vorwege schon einmal ansehen.

Nach erstem Drüberfliegen fand ich das soweit größtenteils okay, nach kurzer Diskussion via Twitter fand ich dann aber, dass die Anträge mehr Beschäftigung verdienten und da man mich sowieso gerade aufforderte wieder mehr zu bloggen hier also meine unwesentliche und vorurteilsbehaftete Meinungen zu den Anträgen.

Dem Lesenden sei angeraten, die Anträge selbst gelesen zu haben, da ich diese hier immer nur sehr kurz zusammengefasst wiedergeben werde.

Antrag 1: “Entfernung der den Stadion’verantwortlichen’ gewidmeten Pflastersteine”

Prinzipiell in meinen Augen erst mal zustimmungsfähig, auch wenn mir die Komponente Mosaik fehlt, in dem ja auch die Namen auftauchen sollen. Unterschiedliche Positionen meinen hierzu, dass das Mosaik eh schon “repariert” sei, bzw. eben noch nicht.

Im zweiten Fall fehlt mir im Antrag dann definitiv das Mosaik, zumal ich persönlich den Bezug zu den im Antrag erwähnten Stolpersteinen nicht so direkt sehe, und es mir entsprechend primär darum geht, dass eben keine Vereinsangestellten, die ihren Job machen, in derartig präsenter Form ohne Legitimation des Gesamtvereins geehrt werden. Für jede Ehrennadel gibt es Regelungen, von daher geht das in meinen Augen einfach mal gar nicht.

Die Richtung stimmt jedenfalls. Prinzipiell zustimmungsfähig, Thema Mosaik muss meiner Meinung nach aber definitiv auch behandelt werden.

Antrag 2: “Aufstockung Rollstuhlfahrer-Plätze”

Sehe ich jetzt irgendwie nichts, was dagegen spricht?

Antrag 3 : “Abberufung Vizepräsident Stenger”

Ist mir zu plakativ, zumal ein möglicher nachfolgender Vizepräsident ja nun auch nicht zwingend “im Fansinne” handelt. Wichtiger wäre es grundlegende Strukturen zu etablieren, die dem Verein bei derartig zentralen Fragen eine Form der Mitwirkung gestatten, so dass das Präsidium hier nicht ‘einfach so’ losgaloppieren kann.

Antrag 4: “Verkauf Restkontingente durch Zweitvermarkter untersagen”

Zielt vermutlich auch auf die Causa HSV/Viagogo, Basisidee richtig, die Frage ist, ob der “Zweitvermarkter” das eigentliche Problem ist, oder eher die Idee, damit zusätzlichen Gewinn zu machen. Im Moment ist der Verkauf über Eventim doch quasi auch via Zweitvermarkter? Anyway: In meinen Augen sollte eher die generelle Ticket-Verkaufsstruktur aufgegriffen werden und als (IMHO) konstruktive Lösung z.B. die HSV-Vorgehensweise der Prä-Viagogo-Ära als Beispiel genommen werden. Sprich: Online-Ticketbörse für Ticketinhaber, über die die Tickets weiterveräußert werden können, niedrige “Bearbeitungsgebühr” (1-2 Euro?) für den Verein / Betreiber, Preise wie aufgedruckt? Damit sollten alle leben können und es wäre unendlich viel praktischer, als bisher.

Antrag 5: “Ablehnung ‘sicheres Stadionerlebnis’”

(schön plakative Überschrift, nä?)
Prinzipiell ja, ich bin der Meinung dass dieses Papier großflächig abzulehnen ist. Bin aber gespannt auf die mündliche Begründung. Bisher tendiere ich hier aber zur Zustimmung.

Antrag 6: “Ablehnung weiterer Business-Seats + Co.”

Finde ich persönlich zunächst zustimmungsfähig.

Antrag 7: “Aufschlüsselung der Versandkosten des Kartencenters”

Statt die Kosten zu reduzieren würde ich mir eher wünschen, dass die Tickets endlich nicht mehr per Standardbrief verschickt werden. Das ist nämlich der Hauptgrund, warum ich die inzwischen persönlich am Stadion abhole (mühsamst!). Finde ich aber trotzdem zustimmungsfähig, damit da mal etwas Bewegung reinkommt.

Gewünscht hätte ich mir (siehe Antrag 4) eine globalere Behandlung des Themas Ticketing, aber da bin ich natürlich auch selbst Schuld, dass ich keinen eigenen Antrag formuliert habe.

Antrag 8: “Ticket- und Mitgliederbeitrags-Anpassung zur Finanzierung der Domwache”

Humm. Ja, aber.

Grundsätzlich sehe ich, dass durch sagen wir mal ungeschicktes Verhalten auf Vereinsseite, aber auch durch gefühlt zu langes Stillsitzen auf Betroffenen-/Fanseite evtl. ursprünglich vermeidbare Kosten auf den Verein zukommen. Dass diese irgendwie gestemmt werden klingt erst mal sinnvoll und ich finde den Weg über die Mitgliedsgebühren und Ticketpreise auch vertretbar. Würde mir aber wünschen, dass bei solchen Anträgen die Kosten vorab geklärt werden, und es ein Modell gibt, wie diese Kosten verteilt werden. Ich zahl gerne 20 Cent im Monat und nen Euro Pro Ticket mehr, wenn wir dafür ein Museum bekommen.

ABER: “Refinanzierung von bis zu EUR 150.000 pro Jahr”.
Wir haben mindestens 20.000 Besucher pro Spiel bei 17 Ligaspielen im Jahr. Also bummelig 350.000 Besucher. Warum nicht Nägel mit Köpfen machen und eine Saison lang die Ticketpreise um 10% Domwachenaufschlag erhöhen? Schließlich betrifft das Thema EIGENTLICH nur die Fußballfans und nicht alle Mitglieder (ich kann mir vorstellen, dass einer aus der Radsport-Abteilung, dem Fußball am Poppes vorbeigeht das eher ungern aus seinen Mitgliedsbeiträgen bezahlen will?). Und so wäre es auch halbwegs sozialverträglich (sprich: Ermäßigte Tickets werden auch weniger teurer als Business-Seats). Milchmädchenbeispielrechnung nach Umbau GG:

~15.000 Stehplätze, Kosten je 11€, Spieltagsumsatz 165.000€.

~ 10.000 ‘Normale’ Sitze, Kosten ~25-30€, Spieltagsumsatz ~270.000€

~3000 Business-Seats, Logen etc. Kosten >50€, Spieltagsumsatz >150.000€

In der Summe sowas wie 585.000€. Davon 10% sind 58.500€. Das mal 17 Spiele wären knapp eine Million Euro. Wahrscheinlich eher mehr..

Kein Antrag, Fazit:

Jaja, nicht drüber reden, selber machen. Stimmt ja. Mal gucken, was der Abend der JHV so bringt, ich werde sicherlich spontan noch einige Entscheidungen überdenken. Je nach Vortrag etc. Aber ich bin gespannt, was da so kommt. Und was andere so zum Thema schreiben. Und überhaupt.

Wir sehen uns am 26.11.

8 Gedanken zu „JHV-Preview

  1. Zu 1 (aus naheliegenden Gründen)

    Zum Zeitpunkt der Antragstellung war mein Kenntnisstand, dass bereits entschieden wurde, das Mosaik zurückzubauen.

    Aber ehrlich gesagt habe ich das -und halte es auch noch- für eher zweitrangig im Vergleich zu einer Belobigung im öffentlichen Raum im Namen des Vereins.

    Im Nachhinein hätte man sicher grundsätzlich Ehrungen per se und ihre Ausführungen in den Antrag integrieren können, aber das ist mein erster und ich lerne dazu.

    Zumindest habe ich einen gestellt und ausnahmsweise mal nicht nur empört rumgeblökt 🙂 Auch wenn ich jetzt meinen unabhängigen Status verloren haben mag und eine unabhängige Berichterstattung für mich jetzt quasi unmöglich ist, freue ich mich dann halt auf eine total subjektive, persönlich gefärbte und private Meinungsäußerung von mir zum Antrag 🙂

  2. Jekylla: Ich denke/hoffe, Sie wissen wie es gemeint ist, oder?

    Hinterher rummäkeln ist immer leichter, als vorher machen. 🙂
    Ich hab ja nur meine private Meinungsäußerung hier nachgeschoben (und ja auch bei Ihnen drüben seinerzeit schon das mit dem Mosaik angemerkt und Ihre Reaktion war ja dieselbe wie jetzt. Von daher sehe ich das auch völlig ’neutral‘).
    Wie neulich schon bemerkt: ICH persönlich sehe das „Stolpersteinthema“ so nicht in dem Ausmaß, wie Sie und die anderen Antragsteller offenbar, daher ist MIR das Mosaik ungefähr genauso wichtig. Ihren Informationen zum Zeitpunkt der Antragstellung folgend hätte ich das aber wohl genauso wie Sie aus dem Antrag rausgelassen. Dass es jetzt quasi von hinten herum wieder Thema wird ist halt „dumm gelaufen“.

  3. Zu Antrag 4, Tickets: mit Zweitvermarkter sind normalerweise eher Firmen gemeint, die zumindest tlw. auf eigenes Risiko und eigenen Gewinn verkaufen (Viagogo), nicht aber reine Dienstleister zur Abwicklung des Verkaufs der Tickets des eines Vereins. In letzterem Fall liegen das Risiko und die Bestimmung des Preises beim Verein, die Gebühren orientieren sich typischerweise an den normalen VVK-Konditionen.

    Zu Antrag 8: typisch Vereinsführung, halbherzig gestellt. Die Maßnahmen an sich bedürfen übrigens überhaupt keines Beschlusses der JHV, das können die „relevanten Gremien“ selbst beschließen. Es handelt sich hier also eher um eine Art Einholung der generellen Zustimmung, damit niemand hinterher meckern kann.
    Trotz der fragwüdigen Qualität des Antrags würde ich daher eindeutig eine Zustimmung empfehlen.

  4. Astro: Antrag 4 – hab ich ja auch so interpretiert. Ich mag in meiner ‚Erwartungshaltung‘ bezüglich der Anträge auch einfach zu konkret-erbsenzählerisch sein, aber irgendwie habe ich das Bedürfnis, der Vereinsführung die Sachen so unglaublich präzise vorgekaut wie möglich zu servieren, dass da nicht am Ende irgendwas bei rum kommt, was nicht der Intention des Antrags entspricht. Will sagen: „Dann bauen wir uns eben mit HILFE von Viagogo eine Börsenplattform zum Ticketverkauf“ wäre bei dem Antrag ja auch möglich (ich übertreibe gerade, um das Argument zu verdeutlichen).
    Zudem ist das meinem Gefühl nach ja häufiger Grund für das Scheitern, dass eben dann ein „Ja, die Idee ist schön, aber so wie das formuliert ist geht das leider #ausgründen gar nicht, Herzlichst, Ihr Präsidium“ kommt.

    Antrag 8: Hier finde ich jetzt mal die vermeintliche Intention super, und denke ja auch besser so als gar nicht, aber ich mag diese 20 Cent hier, 20 Cent da-Logik einfach nicht. Einmal kräftig aufn Tisch hauen, Thema durch. Ist mir einfach lieber, zumal so ja auch wieder eine Anleihe auf die verlängerte Zukunft getätigt wird. Wurst-Case: 5.000 Austritte, 10.000 Zuschauer in zwei Jahren und der Domwachekredit ist ein weiterer Sargnagel. Ich werde – wenn die JHV keine Änderungen beschließt wohl auch zustimmen, aber ein reines „Ja, Nein, Abhängig von der Vorstellung der Petenten“ wäre ja für ein Blogpost auch bisschen lahm, oder 😉

  5. Ob „auf den Tisch hauen“ oder „20 Cent“ – das ist letztlich eine Frage, die die Verantwortlichen abwägen und entscheiden müssen, da es hierzu sicherlich diverse verschiedene Meinungen in allen Abstufungen geben würde und zudem die komplexeren Zusammenhänge und Rahmenbedingungen kaum auf einer JHV zu klären wären.

    Das ist übrigens eine der großen Schwächen dieses etwas lieblosen Antrags: entweder lässt man sich ein bestimmtes Konstrukt absegnen (das liegt aber anscheinend noch nicht vor) ODER man versucht, mit einem „weichen“ Antrag nochmal eine generelle Zustimmung zu dem Projekt zu bekommen. So ist es eine halbgare Mischung aus zusammenhanglos in den Raum geworfenen Zahlen und Absichtserklärungen. Trotzdem aus meiner Sicht zustimmungsfähig, es geht um die Richtung, nicht um die Güte des Antrags.

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