Wild diskutiert wird im Moment das hier aus der Basch – überschrieben mit „Bullen aus der Kurve“.
Zusammengefasst etwa „Es gibt den Verdacht dass jemand Polizist ist. Dies wird irgendwie überprüft. Der Polizist sowie sein Fanclub streiten es (das Polizist-sein) ab. Der Verdacht erhärtet sich. Es scheint so was wie Beweise zu geben. Der Fanclub inklusive polizistischem Mitglied wird aus den ‚USP-Strukturen‘ ausgeschlossen und soll ‚sich von der Gruppe USP und der Südkurve fernhalten‚“
Das Ganze ist aus meiner Sicht ziemlich vielschichtig. Von daher hier erst mal die einzelnen für mich relevanten Schichten im Detail. (Die Reihenfolge ist „so wie es mir einfällt“, das ist keine inhaltliche Wertung). Viele der Themen könnten noch wesentlich ausführlicher… aber wir haben ja keine Zeit.
Schicht 1: Gruppenzugehörigkeit
Grundsätzlich hat jede Gruppe aus meiner Sicht das Recht, sich für oder gegen einzelne Mitglieder auszusprechen. Wenn ich in meinem Fanclub keine Marktforscher haben möchte, kann ich das so handhaben. Vielleicht doof für die Marktforscher, aber soweit kein großes Ding. Wenn USP jetzt in Ihrer „Gruppierung“ (ein Fanclub sind sie wohl nicht?) keine Polizisten haben möchte, ist das deren Ding.
Ich kann das sogar insofern nachvollziehen, als dass bei der Diskussion um Gruppenaktivitäten eben vielleicht auch besprochen wird, was die Polizei nicht wissen soll. Die Prämisse mit der Abhörmaßnahmen abgelehnt werden (Sinngemäß etwa „Ich verhalte mich anders, wenn ich weiß, dass ich abgehört werden könnte, daher ist das ein grober einschnitt, selbst wenn im Akutfall nicht abgehört wird“) gilt hier für mich auch. Selbst wenn $Polizist der schnafteste unter den Schnaftesten ist, kann es sein, dass sich aus dem Wissen über seinen Beruf nicht wünschenswerte Veränderungen im Kommunikationsverhalten der Gesamtgruppe ableiten.
Schicht 2a: Tonalität
„Bullen“ werden als jemand bewertet, der den „staatlichen Repressionsapparat bedient“.
Nun finde ich es persönlich blödsinnig, generell von „Bullen“ zu sprechen.
Das ist sicherlich Gruppenduktus und vermutlich in der Zielgruppe des Artikels (also bei den anderen USPlern und USP nahestehenden) so akzeptiert und gewollt, ändert ja aber nix an meiner Perspektive.
Das liegt auch daran, dass ich eine Organisiation wie die Polizei durchaus für sinnvoll und notwendig halte. Außerdem gibt es zwischen Schwarz und Weiß noch genügend Grautöne. Es gibt nicht „Den Polizisten“, der prinzipiell und immer böse ist.
Es gibt böse/doofe und gute Polizisten und höchstwahrscheinlich viel zu wenig gute.
Aber das Problem hat Momo dann sehr treffend auf den “Marsch durch die Institutionen” bezogen.
Wenn mehr „gute Leute“ Polizist würden, gäbe es eben auch mehr gute Polizisten. Dummerweise läuft der Kreis hier andersrum und das (sicher nicht ungerechtfertigte) schlechte Image der Polizei führt dazu, dass sich eben auch eher Menschen um den Job bemühen, die Werte vertreten, die zu dem schlechten Image passen.
Trotzdem benötigt Mensch eine Organisation die dafür sorgt, dass dem Bürger die Ausübung bzw. Nutzung der (Grund-)Rechte auch ermöglicht werden.
Und das ist eben die Polizei, deren „Grundidee“ ich nun erst mal nicht verwerflich sondern eher hilfreich finde.
Was da in der Praxis passiert steht leider auf einem anderen Blatt.
Schicht 2b: Repressionsapparat
Dazu kommt, dass der „staatliche Repressionsapparat“ natürlich auch herrlich undifferenziert ist.
Böse gefragt: Gibt es innerhalb USP oder der (Gemeinschaft) Südkurve einen Repressionsapparat?
Wie setzt sich so ein staatlicher Repressionsapparat zusammen?
Gehören da auch alle anderen „Staatsdiener“ dazu? Lehrer, Finanzbeamte, Richter, Sozialarbeiter, Feuerwehrleute? Repression im Sinne von Reglementierung gibt es ja im Prinzip in allen Bereichen des Lebens.
Auch da wieder: Die Vorstellung, dass alles unreglementiert schon irgendwie (gut!) funktionieren würde, finde ich äußerst naiv.
Am Ende ersetzt halt nur ein Repressionsapparat den anderen. Und die können besser oder schlechter sein, na klar, aber von der funktionalen Logik bleiben es Repressionsapparate.
Schicht 3: Formulierung
Nochmal der Satz aus der Einleitung und dem Basch-Text:
„sich von der Gruppe USP und der Südkurve fernhalten“
Je nach Lesart wird hier jemand nicht nur aus der Gruppe, sondern auch aus einem Stadionbereich „verjagt“. Da ist zumindest die Formulierung schlecht gewählt. Wenn es sich nur auf eine „Gruppe“ oder „Gemeinschaft“ Südkurve bezieht, sollte das entsprechend formuliert sein.
Wenn nicht: Geht’s noch? Dass ausschließlich der Verein Hausrecht hat und Stadion(-Bereichs-Verbote) ausspricht ist zum Glück so. Und auch die Basch oder USP oder sonst wer sollte hier „so“ vorgehen können.
Schicht 4: Recherche?
„Um keine Hexenjagd loszutreten, gingen wir den Gerüchten nach und sammelten erst einmal Informationen. Die Recherche dauerte gar nicht lange und schon bestätigten sich die Gerüchte, der Verdacht wurde stärker und richtete sich auch schnell gegen eine bestimmte Person.“
Es gibt also Gerüchte, die werden überprüft und es wird gehandelt. Wollte man das überhöhen könnte man hier jetzt mal damit anfangen, wie hier scheinbar vorgegangen wird.
- Es gibt Gerüchte. (*Anfangsverdacht)
- Es werden Informationen gesammelt. (*Ermittlung – Polizeiarbeit)
- Die Gerüchte bestätigen sich, der Verdacht wird stärker. (*Anklage)
- Es werden Konsequenzen gezogen (*Urteil)
Die * in den Klammern mal ganz bewusst um aufzuzeigen, wie eng das Vorgehen sich an den so kritisierten Strukturen des staatlichen Repressionsapparates orientiert.
Da es offenbar keinen einem Gerichtsverfahren äquivalenten Prozessschritt gab allerdings für den aus meiner Sicht zentralen Schritt moderner Gesellschaften. Es gibt einen Vorwurf, der Vorwerfer (Die Gruppe USP?) recherchiert und sieht den Vorwurf bestätigt, der Vorwerfer fällt auf Basis seiner Informationen ein Urteil.
Nur mal so zum Andenken – hier werden ja doch in der Gruppe Muster repliziert, die außerhalb massiv kritisiert werden.
Fazit?
Irgendwo zwischen Kommunikationsschwäche und Kopf-Tisch.
Optimistische Auslegung: Der Text ist vor allem schlecht geschrieben.
Er schafft es in geradezu vorbildlicher Weise Tatsachen so fehlinterpretierbar darzustellen, dass die zu erwartende Diskussion massiv befördert wird.
Dann bleiben zwar immer noch für mich nicht nachvollziehbare Teile des Textes offen (Stichwort „staatlicher Repressionsapparat“), aber der eigentliche Grund für den Text ist für mich (siehe Schicht 1) wenigstens einigermaßen nachzuvollziehen.
Pessimistische Auslegung: Der Text ist nicht nur schlecht geschrieben, es fand der (Versuchte?) Platzverweis aus der Südkurve statt.
Dann haben wir als Gesamtverein hier meinem Erachten nach ein viel größeres Problem. Territorialgedanken sind ja bei Fußballfans nicht so ungewöhnlich („Unser Stadion“, „Unsere Kurve“ etc.), trotzdem ist es eben maximal ideell die USP-Kurve. Wer da steht darf und soll kein (Meta-?) Fanclub und keine Fangruppierung entscheiden, sondern schließlich und endlich der Verein. Wenn USP sich anmaßt hier festlegen zu wollen, wer was in welcher Kurve zu suchen hätte, und wer nicht, ist es an der Zeit, dass sich der Verein in Form seiner dafür relevanten Angestellten diesem Thema mal näher annimmt.
Bei allem, was USP Gutes für den Verein, den Stadtteil und die Gesellschaft versucht, bleibt immer mal wieder ein im besten Fall massives Kommunikationsproblem hängen. Und offenbar wird das gruppenintern ignoriert oder wenigstens nicht abgestellt. Schlechtestenfalls ist es eben nicht nur ein Kommunikations- sondern ein Einstellungsproblem. Und dann gibt es wohl dringenden Redebedarf.
Edit: Es gibt jetzt auch eine Stellungnahme des betroffenen Fanclubs.
«USP … (ein Fanclub sind sie wohl nicht?)»
Nein, sind sie nicht. Wenn USP kritisiert wird, ist (im Forum, z.B.) eine typische Reaktion „USP, wer is’n das?“, um sich nämlich so wenig wie möglich (an)greifbar zu machen. Es ist eben genau kein Club, in den man eintreten könnte, hingegen sind Mitglieder diverser Fanclubs ja durchaus USPler. 😉
Heißes Thema, passend zum Wetter…
USP ist kein Club o.ä.!
Genau dies fürht zu einem eklatanten Problem (siehe Schicht 1). Es werden somit Rechte beansprucht und sogar durchgesetzt, deren Kompetenz in keinster Weise besteht!
Eine lose Gruppierung, die genau darauf wert legt, verhängt konkrete Konsequenzen gegen konkrete Personen. In diesem Fall findet es Anklang in der breiten Masse, weil der Fein (um USP-Sprech zu verwenden) der richtige ist, was aber, wenn beim nächten Mal in analoger Weise andere betroffen sind?
Letztlich bedient sich USP hier einer Vorgehensweise, die sie, so sollte man meinen, auf sich selbst bezogen zutiefst ablehnt, schade.