Mal ehrlich… hier so unter Uns:
Gott* diktiert irgendwem (wahlweise Mohamed, Moses, Jesus, diversen Aposteln, sonst wem…) so ein paar grundlegende Werte in den Schädel. Angefangen bei diesem Basisdingsda wie „Du sollst nicht Töten“** bis hin zu etwas ausführlicheren Geschichtchen, die sich dann mehr oder minder direkt in Form eines heiligen Buches manifestieren. (Die Christen nennen es Bibel).
* also der allmächtige, allwissende, allirgendwas, der schon seit Allzeiten… Ihr wisst schon..
** Je nach Theismus sind Ausnahmen mehr oder weniger die Regel
Na, jedenfalls. Es gibt dann dieses Buch, in dem steht, wie Gott alles sieht. Und wie Gott findet, dass wir – seine Geschöpfe – uns verhalten sollen. Also eben nicht töten, nur Sex mit andersgeschlechtlichen Partnern die vorzugsweise irgendwie angetraut sind, kein Sex vor der Ehe, kein Schwein essen, Sonntags keine Lichtschalter bedienen, whatever.
Sicherheitshalber noch mal: Gott ist allwissend.
Und dann, paartausend oder so Jahre später kommen diese komischen Menschen, die diesen Gott beglauben und finden „Das hat der vor paartausend Jahren gesagt, das ist heute aber doch gaaanz anders! Aus Gründen.“.
Also der allwissende Gott, der selbstverständlich in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zuhause ist, keine Fehler macht… Dieser Gott also, stellt allgemeingültige Regeln auf, die dann aber TADDAAA plötzlich irgendwie doch gar nicht allgemeingültig sind.
Weil Gott.
Nun.
Weil Gott vergessen hat, die Regeln zukunftstauglich zu machen. Oder weil er Homosexualität nach 2000 Jahren eigentlich doch ganz okay findet.
In diesem Gottesbild sinngemäß Gott also so „Sorry Leute, ich hatte ’nen Scheißtag, damals. War alles nicht so gemeint. Strenggenommen sind Homosexuelle nämlich total schnafte und… das mit dem Allwissend.. nicht so eng sehen, ne?! Oh und das mit der Scheidung… geht auch okay. Nur töten… besser nicht!“.
Wäre ich gläubig, fände ich das irgendwie ausreichend unlogisch, um mal anzufangen Fragen zu stellen. So die naheliegenden, einfachen… „Mhh.. sagt mal, allwissend? Echt jetzt?“. Oder „Das mit der Zukunftssicherheit ist ja so ne Sache bei unserem Gott hier, oder?“. Oder „Was erzählen die Kirchenhansels uns da eigentlich?“.
Aber das passiert nicht. Stattdessen wird das je nach dem super oder so gefunden. „Anpassung an die Moderne“. Als wäre Religion verhandelbar. „Heute glauben wir anders als damals.“.
UND DAS GLAUBT IHR?!
Ich meine… ich hab ja leicht reden, als Atheist. Ich kann einfach Theorien über Bord werfen, die nicht stimmen, das ist hier systemimmanent.
Aber als Theist? Naheliegend wäre es doch, z.B. das Konzept des Allmächtigen in Frage zu stellen, anstatt es sich quasi Jährlich neu hin zu biegen. Den ganzen Kirchenkram mal deutlich auf die Probe zu stellen. Aber neeein, „Man muss das mit Bezug zur Zeit sehen“.
Als außenstehender wirkt dieser pseudomodernisierungs-Wunsch völlig absurd. Das passt so überhaupt nicht auf die Dogmen, die die Kirche so hochhält. Stichwort erneut: Allmacht und Allwissen.
Und wenn ich schon mal dabei bin.. wenn das mit dem Allwissend nicht so weit her ist, wer sagt mir dann, dass das mit dem Himmel.. und dieser ganze andere Kram…
Wenn ich etwas Präsentiere und ich hab auch nur zu viele Tippfehler in der Präsentation, fangen die an mich auseinanderzunehmen: „Herr Curi0us, wenn Sie nicht mal in der Lage sind, die Präsentation formal akkurat zu gestalten, warum sollen wir Ihnen dann die Inhalte glauben, die viel komplizierter sind?“.
Bei Gott. Naja, nee. Die Kirche sagt das, wird schon wahr sein. Oder wahrhaftig. Oder so.
Der Witz ist doch: Bei den meisten von Euch würde ich mit Argumenten in der Form auf Granit stoßen, es sei denn, es geht eben um die Kirche. Um Gott. Um „Glauben“. Klar, weil Glauben und Argumente nicht so richtig zusammengehen. Da gibt es wohl irgendwelche Sonderregeln, die keiner Versteht, nach denen der Kirche aber erst mal offenbar alles geglaubt wird. „Sagt der Papst“. Ach so, dann.
Ist wohl „leichter“.
Aber mal ganz ernsthaft: Warum glaubt Ihr das? Warum könnt Ihr in diesem einen Punkt alle nachvollziehbaren, logischen, systematischen Überlegungen ignorieren?
Wenn Du Dich mal in das vermeintliche Wort Gottes und die Kanonisierungsgeschichte vertiefst, wirst Du so nicht mehr argumentieren können. Weil zum einen die Bibel in sich völlig widersprüchlich ist und zum anderen auch die allen eingehämmerten Merksätze z.B. zu Homosexualität sich eh schon einer höchst selektiven Lesart verdanken, also, dass die nun ausgerechnet immer hervor gekramt werden. Im Buch Leviticus steht derart viel, was noch nicht mal mehr der Ex-Papst einfordern würde, und er begründet seine Hetze gegen Schwule und Lesben auch nicht mit der Bibel, sondern einem überkonfessionellen „Naturrecht“, das eher einer Sakralisierung eines vulgärwissenchaftlichen Weltbildes entspricht. Dein „immer schon“ ist auch deshalb nicht richtig, weil noch nicht mal hinsichtlich der Trinitätslehre in den ersten 5 Jahrhunderten Einigkeit hinsichtlich der Interpretation herrschte und mittels politischer Macht entschieden wurde. Die Bibel ist auch ihrem Selbstverständnis nach menschliche Überlieferung, ein Sammelsurium, und was da rein kam und was nicht, das diente u.a. dem Kampf gegen konkurrierende Sekten, vor allem aus der Gnosis. Wenn überhaupt, kann man aus den zehn Geboten und den Jesus-Worten auf einen „Willen Gottes“ schließen, aber selbst die Bergpredigt, die in einem anderen Evangelium auf einem Acker statt fand, ist in sich widersprüchlich. Und wieso die Sprüchesammlung „Thomas-Evangelium“ nicht mit drin ist, das ist eine historische Machtfrage.
Das alles ist im Islam noch ein wenig anders, weil der als Allahs tatsächliches Wort gilt. Aber auch im Falle des Koran wurde traditionell eher dessen Vieldeutigkeit und passagenweise Unverständlichkeit hervor gehoben. Der Fundamentalismus ist schon eine Reaktion auf westlich-dogmatische Denkgebäude. Und es wurde viel, wie auch im Christentum z.B. im Falle der Marienverehrung, auf ganz andere Texttypen zurück gegriffen, vor allem Berichte über das Leben des Propheten. Im Koran wird auch auf ein im Christentum nicht kanonisiertes „Kindheitsevangelium“ über die frühen Jahre Jesu, das ein wirklich groteskes Märchenbuch ist.
Die Katholische Kirche hat all das ja in ihr Selbstverständnis aufgenommen. Sie sei in Nachfolge der Jünger Jesu älter als die Bibel und habe deshalb eh recht. Da wird aus reiner Tradition heraus, nicht etwa im Rekurs auf göttliche Gebote, im Grunde genommen argumentiert. Und Kirche als lebendiger Leib Christi verstanden. Da ist die rituelle Praxis, zu der auch das Sakrament der Ehe gehört, konstitutiv. Und dann allerlei Interpretation der Schöpfungsgeschichte, das allerdings ganz im Sinne des 19. Jahrhunderts. Letztlich landest Du aber immer gar nicht bei konstanten Regeln, sondern bei einem ziemlich willkürlichen Konventionalismus, einem autoritären Weltbild, der meines Erachtens mit Gott oder Spiritualität gar nichts zu tun hat, sondern mit Macht und Gewohnheit.
War jetzt viel Stoff, aber Deine Argumentation kann ja von den Hetzern problemlos missbraucht werden und ist nicht richtig in ihren Prämissen. Die kennen sich nur in der Regel in ihrer eigenen Religion weniger aus als deren Kritiker.
Momo: Danke für den Kommentar. Mir ist das meiste davon sehr bewusst, die Frage, die ich oben versuche aufzuwerfen ist doch eher die: „Wenn das alles so inkonsistent und unlogisch ist, warum glaubt Ihr es dann trotzdem?“
Meinen Deschner und Dawkins habe ich ausgiebig gelesen… 🙂
Das hat drei Ebenen. Auf der Machtebene lebt es sich prima mit aufgeblähtem, religiösen Ego, das sich davon nährt, Andere herabzuwürdigen und sich für was Besseres zu halten.
Die andere Ebene ist Atheisten nicht zugänglich: Man macht Erfahungen mit dem, woran man glaubt. Und Jesus ist eine sehr starke, spirituelle Metapher, wie eine Verdichtung von allerlei Überzeugungen, die es in andren spirituelken Systemen auch gibt.
Die dritte Ebene interveniert bei der zweiten und führt zur ersten: In den meisten Gesellschaften kommt der Großteil der Leute nicht über eine konventionell-autoritäre Stufe der Moralentwicklung nach Kohlberg hinaus, und der Absolutheitsanspruch traditioneller Kirchen ist ein attraktives Begründungsangebot, man braucht dann nicht weiter nachdenken.
Deshalb ist aber der gewachsene Skeptizismus in der evangelischen Kirche im Sinne der Ebene 2 genau richtig. Spiritualität als materiales Regelwerk auszulegen ist im Grunde genommen ein moralistisch-säkularer Fehlschluss, wie man gerade an Reden des Ex-Papstes aufzeigen kann – sozusagen eine Entgöttlichung der Religion, weil Gott zur Chiffre weltlicher Traditionen wird. Im Sinne einer sozialen Ordnung.
Man kann nun Eben zwei für irrelevant halten. Das ist aber ganz interessant, die Amazon-Kommentare zu den Werken, die aufzeigen, dass es einen historischen Jesus wohl kaum gegeben hat und wenn, dann die Bibel wenig mit ihm zu tun hat, bei Amazon zu lesen. Die kontern mit Erfahungen, die sie machen, weil sie eben an diese Metapher „Jesus“ glauben. Würden sie an das Spaghettimonster glauben, würden sie mit dem Erfahungen machen, also tatsächliche. So funktioniert Glauben – ich gkaube nicht, dass der auf nichts rekuriert, anders als Du, nur was man dann erfährt, zeigt sich in den Chiffren und Metaphern, die derjenige versteht.
Und man kann übrigens prima an Gott (bzw. eine höhere Macht) glauben und dabei keiner Kirche oder Sekte angehören, weil man deren Gottesbild, Rituale und Verhaltensregeln nämlich komplett bescheuert findet, ablehnt und gar nicht so viel essen kann, wie man … you get the idea.
Momo: Du hast ja Recht mit den Stufen, aber die meisten Gläubigen reflektieren das doch gar nicht. Wer glaubt denn, um sich von anderen abzugrenzen? Das spielt da unterschwellig mit rein, aber in der Regel wird einfach so geglaubt. Und ja, Stufe zwei Kann und will ich nicht als Argument akzeptieren. Die machen genauso ihre Erfahrungen mit ihrem „Gott“, wie ich mit meinem FC St. Pauli, aber bei aller Verklärung sollte man so was doch aus der Ich-Perspektive auch ab und zu mal genau so rationalisieren, wie alles andere auch. Will sagen: Denkende Menschen sollten doch wenigstens zwischendurch mal überlegen, ob die Dogmen denen sie sich unterwerfen und an denen sie einfach was ändern könnten ihnen überhaupt was bringen.
Kiki: Klar geht das. Streite ich ja auch nirgends ab. Aber die meisten religiösen Menschen sind halt zugleich Kirchenmitglieder/-Gänger…
Es „glauben“ verdammt viele, um sich „Anstand“ zu suggerieren und Andere abwerten zu können.