Doping im Fußball

Wenn ein Radfahrer bei der Tour de France dabei erwischt wird, wie er sich 10 Minuten auf seinem Hotelzimmer einschließt, bevor er zur eigentlich direkt nach dem Rennen geplanten Dopingprobe geht, bricht die Presselandschaft in großartige Spekulationen aus, was besagter Radler denn alles gemacht haben könne, in den 10 Minuten. Sein Urin durch anderes austauschen, sich einen falschen Penis umschnallen, sich irgendwas spritzen, dass irgendwas anderes neutralisiert oder wenigstens nicht nachweisbar macht. Whatever. Auf jeden Fall macht sich dieser Radler höchst verdächtig. Skandal.
Denn wir wissen ja alle: Alle professionellen Rennradler dopen.

Wenn zwei Fußballer in einer Bundesligapartie für 10 Minuten in der Kabine verschwinden, um danach zur obligatorischen Dopingprobe zu gehen, dann haben die zwei selbstverständlich nicht gedopt, nichts böses getan und sind nur Opfer einer Organisationspanne. Die Mannschaftsbesprechung, der Trikottausch, der kurze, aber falsche Abstecher war schließlich nur ein Versehen. Bagatellfall.
Denn wir wissen ja alle: Fußballer dopen nicht.

Lassen wir mal kurz ausser Acht, dass mich durchaus eine gewisse Häme erfüllt, dass ausgerechnet Hoffenheim es schafft, sich einer bekannten Regelung zu widersetzen und dadurch in die Schlagzeilen gerät.

Völlig unabhängig davon ist es doch so, dass diese Regelung offenbar in anderen Vereinen durchaus bekannt war und auch so umgesetzt wurde. Spiegel Online hat ein paar Verantwortliche dazu befragt und der Tenor ist offenbar der, dass ein Verschwinden der für die Dopingprobe ausgewählten Spieler ein absolutes No-No ist. Da dort auch der Verantwortliche des FC St. Pauli befragt wurde, ist davon auszugehen, dass man in Hoffenheim dieser Regelung auch schon im letzten Jahr, in der zweiten Liga unterworfen war. Man kennt das also eigentlich schon seit einer Weile. Und eigentlich erwarte ich auch von Fußballern, wie Andreas Ibertsberger und Christoph Janker, dass sie diese Regelungen kennen. Es wird auch für sie nicht das erste Mal gewesen sein. Und wenn doch – wenn Kollegen dorthin entschwinden, bekommt man das ja auch mit.

Herr Rangnick behauptet natürlich munter das Gegenteil. Es sei völlig üblich, dass die Spieler auch noch mal mit in die Kabine dürften. Besonders beeindruckt hat mich diese Aussage:

Es sei jetzt aufzuklären, warum die Spieler „in der Wahrnehmung der Dopingbeauftragten“ zu spät gekommen sind.

Schööön die Schuld auf andere schieben. Die Spieler sind nämlich gar nicht zu spät gekommen, der Dopingbeauftragte hat nur irrtümlicherweise bereits in der 80. Spielminute mit dem Erscheinen der beiden gerechnet.

jetzt geistern munter Strafvermutungen durch den Raum. in Italien wurden zwei Spieler für jeweils ein Jahr gesperrt. Mindeststrafe der WADA, der Dachorganisation der Dopingbekämpfer. Weil sie eine halbe Stunde zu spät kamen. Ich sehe keinen großen qualitativen Unterschied zwischen den beiden Vergehen.

Und natürlich finden jetzt alle diese Strafen viel zu hoch. Schließlich hätten die beteiligten ja gar nicht gedopt (die Proben waren ja negativ!), sondern seien “nur zu spät gekommen”.

Wenn man jetzt aber mal darüber nachdenkt, warum die Spieler direkt nach dem Spiel zur Dopingprobe sollen, wird das ganze schon weniger Eindeutig: Diese 10 Minuten können nämlich genau dazu führen, dass eine sonst positive Dopingprobe negativ wird. Ich unterstelle das den beiden gar nicht, ich kann mir durchaus vorstellen, dass es wirklich nur eine “Panne” war. Aber trotzdem – sowas darf einfach nicht passieren.

Der Radfahrer aus dem Beispiel oben hätte am nächsten Tag 30 Presseberichte gegen sich. Zurecht.

Die aktuelle Logik der Argumentation kann man – zynisch – nämlich auch wie folgt anwenden: Wenn ich mit 200 Km/h durch eine Tempo 30-Zone rase und niemanden anfahre, dann muß ich doch eigentlich auch nicht bestraft werden, immerhin ist ja nichts passiert, oder?

Genau, völlig falsch.

Und genauso ist es völlig falsch, die beiden Spieler und den dazugehörenden Verein (der laut WADA nämlich dafür verantwortlich ist, eine betreuende Person zu benennen, die sich darum kümmert, dass die betroffenen Spieler rechtzeitig zur Probe erscheinen) jetzt mit Glacéhandschuhen anzufassen.

Das mögliche Strafmaß des Handelns sollte gerade den Verantwortlichen in Proficlubs sehr bewußt sein. Was in Italien passiert ist, ist ja absolut nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit gewesen. Und entsprechend ist zu erwarten, dass man mit entsprechender Sorgfalt damit umgeht. Allein um solche (möglicherweise subjektiv empfunden heftigen Strafen) von den eigenen Spielern fernzuhalten. Wer jetzt aufschreit und so tut, als wäre das alles völlig überraschend und “so ja nie zu erwarten gewesen” heuchelt entweder, oder weiß es tatsächlich nicht besser und zeigt damit seine unprofessionalität.
Nochmal: Es gibt in jedem Verein eine Person, die genau dafür verantwortlich ist, sich darum zu kümmern. Die muß sowas wissen.

Wer mit 200 durch die Tempo 30 Zone rast, sollte wissen, dass er sich damit ein Fahrverbot von 3 Monaten einhandelt. Sollte zumindest wissen, dass er damit einen schweren Fehler macht, der, wenn er erwischt wird eben zu Konsequenzen führt.
Von Profisportlern ist das auch zu erwarten. Das ist Teil ihres Berufs.

Wenn die Spieler und ihr Verein jetzt mit einem vorsichtigen Klaps auf die Finger davon kommen, sendet die DFL ein sehr fatales Zeichen: Schon nicht so schlimm, die Dopingrichtlinien sind nicht soooo wichtig, macht ihr nur. Doping ist ja kein Problem.

Und genau das, gilt es zu vermeiden. Der Fußball soll und muß weiterhin sauber bleiben. Das kann aber nur dann erreicht werden, wenn konsequent auf die Einhaltung der dafür relevanten Regeln geachtet wird. Und wenn die Spieler bestraft werden, werden sie ja genau dafür bestraft, dass sie die Regel nicht eingehalten haben. Nicht dafür, dass sie gedopt haben. Das wäre nämlich noch viel schlimmer.

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