Fingerspitzengefühl

Es gibt irgendwie zwei Typen von Fußballfans, –offiziellen, –spielern, -trainern.
Diejenigen, die Fußballregeln hinnehmen und verstehen und diejenigen, die dauernd was von “Fingerspitzengefühl” vor sich hin murmeln.

Fingerspitzengefühl ist es immer dann, wenn der Schiri genau dann die Augen kräääftig zukneift, wenn man/der eigene Spieler gerade kräftig gegen die Regeln verstoßen hat, aber durch die dafür vorgesehene Bestrafung vom Platz flöge, für das nächste Spiel gesperrt wäre, oder einfach schlechte Laune bekäme.

Und diejenigen, die am lautesten nach Fingerspitzengefühl gröhlen, sind meist diejenigen, die, wenn das ein Gegenspieler gewesen wäre, laut darüber jammern, dass die nötige Härte fehle bzw. der Schiri doch bitte konsequent die Regeln anwenden möge.

Hallo? Genau dafür gibt es die Regeln.

Wenn (m)ein Spieler den Gegner umschubst oder das andeutet, ist das schlicht eine Tätlichkeit. Sorry, aber sowas ist dann – regelkonform – ein Platzverweis. Da war der Spieler dann zu dumm. Ich kann meinen Kunden ja, platt gesagt, auch nicht mal eben eine scheuern, nur weil sie mir auf den Keks gehen.

Von Profi-Fußballern erwarte ich übrigens, dass sie die Regeln kennen. Das heißt, dass sie sich nicht das Trikot überziehen, wenn sie jubeln, dass sie nicht mit ihrer Nase am Kinn des Gegners antippen, wenn der sie vorher angegrätscht hat und dass sie nichtmal ansatzweise auf die Idee kommen, den Schiri auch nur unhöflich anzuquatschen. Das ist – aus meiner Sicht – hochgradig unprofessionell und im Prinzip auch Vereinsschädigend.

Wenn (m)ein Spieler für sowas vom Platz fliegt, reg ich mich inzwischen echt nur noch über den Spieler auf. Und kurz darauf dann über all jene, die wieder was von “fehlendem Fingerspitzengefühl” faseln.

Übrigens auch immer schön, die Forderung Regelverstöße anders zu ahnden, weil die Folge ja in dem speziellen Fall entweder zu Gelb-Rot oder zu nem Freistoß führen könnte. Gelb-Rot ist die zweite gelbe Karte. Nichts weiter. Die hat genauso hart oder weich zu sein, wie die Erste. Da darf den Schiri gar nicht interessieren, dass der Spieler deshalb vom Platz fliegt.

Sonst hieße das nämlich, dass sich Gelb-belastete Spieler mehr erlauben dürften, als diejenigen ohne.

Sonst hieße dass, das im Strafraum härtere Fouls erlaubt sind, als überall sonst.

Auch komisch, oder?

In diesem Sinne: Respekt für all die Spieler, die danach einfach mal den Arsch in der Hose haben und zugeben, dass sie da schlicht einen Fehler gemacht haben.
„Da bin ich nicht clever gewesen“ hat St. Paulis Charles Takyi heute direkt nach dem Spiel zu seinem Platzverweis gesagt. Danke. So geht das. Kein rumgeflenne, kein Verweis auf fehlendes Fingerspitzengefühl, einfach zu eigenen Fehlern stehen. Das ist mein Pauli!

4 Gedanken zu „Fingerspitzengefühl

  1. Im Grunde gebe ich Dir recht, aber auch – und vielleicht gerade besonders – die Fußballwelt ist nunmal nicht schwarz weiß. Eine flexible Regelauslegung ist nicht nur Gang und Gebe sondern auch gewollt.
    Und in diesem besonderen Fall wurde nunmal eben nicht (!) eine Tätlichkeit gepfiffen und geahndet (das hätte man ja noch verstehen können), sondern das war nicht anderes als diese typische „Ich weiß nicht was hier abgeht und wer schuld ist, also bekommt ihr einfach mal beide Gelb“. Und das nachdem Takyi das ganze Spiel bereits von Bodzek auf die Socken bekam und sich außer des (zugegebenermaßen dämlichen) Vergehens an seiner Kleidung nichts zu schulden hat kommen lassen.
    Regel sind eben nicht um Ihrer selbst Willen entstanden, sondern um Gerechtigkeit walten zu lassen. Diese kam heute zu kurz.

  2. @nedfuller danke 🙂

    @Kouta ich hab ja auch nix gegen flexible Regelauslegungen. Was Takyi da gemacht hat geht aber locker als „unsportliches Verhalten“ durch und ist damit gelbwürdig. Dass der Schiri vorher schon diverse Fouls hätte pfeiffen müssen, steht auf einem ganz anderem Blatt. Mir ging es auch nicht konkret um das Spiel, aber solche Situationen gibt es immer wieder. Und egal wie oft der Schiri scheiße pfeifft, es ist erstmal *dumm* sich das Trikot über den Kopf zu ziehen oder sich provozieren zu lassen. Und in dem konkreten Fall war nicht fehlendes Fingerspitzengefühl des Schiris das problem, sondern seine Blindheit vorher und Takyis fehlende Cleerness.

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