Tote

Disclaimer: Einige Teile dieses Beitrags werden „pietätlos“. Das liegt schlicht daran, dass man solche Themen im meiner Wahrnehmung nicht diskutieren kann, wenn man sich auf den pietätvollen Bereich beschränkt. Ich will damit niemanden aufgrund seiner Einstellung diskrimieren, ich will nur Fragen in den Raum stellen.

Was genau ist es eigentlich, was Menschen in der großen Mehrheit dazu motiviert nahestehende Verstorbene nach gesellschaftlich etablierten Mustern zu „entsorgen“?

Ich kann mir grundlegend eigentlich folgende Perspektiven vorstellen, meine eigene:

Mein Geist ist das Ergebnis meines Körpers. Im Gehirn verschaltete Synapsen, die miteinander Informationen austauschen und dadurch mein Ich definieren. Meine „Seele“ ist also für mich das Resultat der körperlichen Voraussetzungen in einem bestimmten Teil meines Körpers. Der Rest des Körpers ist quasi das „Werkzeug“, das meinem Gehirn hilft sich durch die Welt zu bewegen, mit dem Außen zu interagieren etc.. Das heißt im Umkehrschluss, dass mein Körper als solcher am Ende nur eine Art Hülle ist, die mein Gehirn umherträgt. Ein nicht funktionierendes Gehirn entwertet diese Hülle. Vielleicht können Teile dieser Hülle einem anderen Gehirn helfen „getragen“ zu werden (z.B. in Form von Spenderorganen), aber mein Ich, meine Seele, mein Geist beenden Ihre Existenz zeitgleich zu meinem Gehirn. Also spätestens mit dem Zeitpunkt meines Todes. Ob man meinen Körper danach verbrennt, eingräbt, ins All schießt, im Meer versenkt oder in den Müll wirft ist mir vollkommen egal. Ich bekomme es sowieso nicht mit. Respekt erwarte ich natürlich auch hinterher, aber doch nicht vor meinem Körper. Respekt finde ich äußert sich in Erinnerungen an den Verstorbenen, in Zitaten. Nicht darin wie man meine leblose und nun auch wertlose Hülle behandelt.

Umgekehrt ist auch mein Umgang mit verstorbenen entsprechend. Ich habe überhaupt nichts davon das Grab meiner Großmutter am Friedhof zu besuchen. Gibt mir nichts. Ich erinnere mich gern an sie, aber anders. Ich denke in bestimmten Momenten an sie. Erinnere mich beim Essen daran, dass ich gerade eines ihrer Rezepte zubereitet habe, sehe sie auf alten Fotos und erinnere mich an Erlebnisse. Dabei ist völlig unerheblich ob und wo ihre sterblichen Überreste langsam vor sich hin verrotten. Eigentlich finde ich es sogar eher Respektlos, wenn man sich nur auf Friedhöfen an Menschen erinnert.

Auch aus der Perspektive eines Christen ergeben Friedhöfe nur begrenzt Sinn (man korrigiere mich bitte, wenn ich voll daneben liege):

Stirbt ein Christ wird seine unsterbliche Seele (Achtung, unsterblich) irgendwo hin überbracht. In den Himmel, ins Fegefeuer, in die Hölle. Je nach Lesart der Bibel. Entscheidend ist: Die Seele, der Geist, ist damit „entsorgt“. Der Körper – auch im Christentum die sterblichen Überreste – wird damit für das verstorbene Individuum wertlos. Wenn ein Christ im Himmel ist, benötigt er soweit ich weiß seinen Körper auch nicht mehr in irgendeiner Ankerfunktion (sonst müssten Christen mumifizieren, was sie nicht tun). Als Christ wäre mir also rein rational betrachtet der Verbleib meines Körpers nach dem Tod ebenso egal.

in beiden Standpunkten hat der Verstorbene selbst überhaupt keinen Vorteil davon, dass seine Überreste aufgehoben werden.

Bleiben also die Hinterbliebenen, die eine „würdevolle Bestattung“ wichtig finden können. Und da fängt es eigentlich für mich an absurd zu werden. Wissend, dass ich dem Verstorbenen egal was ich mache nichts Gutes tun kann, würde ich nie von mir aus auf die Idee kommen, trotzdem etwas zu machen.

Ich kann ausschließlich lebenden Menschen in irgendeiner Form etwas Gutes tun. Und ich persönlich kann nicht verstehen, inwiefern man dies mit einer Beerdigung tut. Eine Abschiedsfeier kann ich nachvollziehen. Gemeinsames sich erinnern. Wenn man möchte gerne auch häufiger oder regelmäßig. Zum Geburtstag des Verstorbenen mit Freunden zusammenkommen und sich erinnern. Vielleicht auch etwas gemeinsam tun, das man mit dieser Person verbindet. Das Erbe unter Bedürftigen aufteilen, auch gut.
Was auch immer. Kann ich alles nachvollziehen.

Aber den Körper aufbewahren? Wozu?

Spiessertum…

Gestern gelesen, dass Bionade-Trinker Spießer sind. Oder Spießer Bionade trinken. Eigentlich auch egal.

Makes me Wonder: Was ist eigentlich spießig?

Also was ist für mich spießig?

Ich finde Bionade toll. Nun ist da das lustige Bio-Siegel drauf, und der Name ist auch ziemlich Hippie. Deswegen habe ich das Getränk zugegeben als es raus kam auch erstmal aktiv ignoriert. Irgendwie kann ich mit Bio-Missionaren nämlich zugegeben genau gar nichts anfangen. Aber nur weil es Bio ist, wird das Produkt ja auch nicht schlechter.

Nur sucht es sich halt eine bestimmte Zielgruppe: Biohippies.

Wenn man die denn so nennen will. Andererseits finde ich Bioprodukte eigentlich auch nicht schlecht. Ich kaufe Bio-Eier, Biomilch (und schwöre drauf, dass die besser schmeckt), bin mit Biokartoffeln oft zufriedener als mit dem Standard-Zeug. Aber das ist mein Ding. Meine Sache. Wer Nicht-Bio kauft soll halt. Kann ich verstehen, denn es ist ja auch oft deutlich billiger. Und beim Käse hört bei mir dann der Spaß ja auch auf – eben zu teuer. Aber ich schweife ab.

Ist es nicht ziemlich spießig Bionade nicht zu kaufen, nur weil man glaubt dass es bestimmte andere kaufen? Wäre es nicht auch ziemlich spießig Tokyo Hotel nicht zu mögen weil sie von dreizehnjährigen Mädels geliebt werden und nicht weil einem die Musik nicht gefällt? Oder ist das einfach engstirnig? Was ist eigentlich Spießig?

Früher war Spießig für mich all das, was ich von der älteren Generation gerade nicht mochte. Mittagessen mit der Familie, in die Kirche gehen (was ich nie musste. Nur kurz meine Eltern in Schutz nehmen.), Haus mit Garten, Kinder kriegen, auf Beerdigungen Schwarz tragen. Was mir so in den Kram passte. Irgendwann bin ich älter geworden. Ein paar Dinge davon finde ich immer noch nicht in mein Lebenskonzept passend. Vielleicht sogar Spießig. Aber warum eigentlich? Soll doch jeder. Ich kann und will nicht für Andere entscheiden, was für sie in der Beziehung am besten ist. Solange sie niemandem Schaden. Wer mit zwei Kindern in der heilen Familie glücklich wird: Bitte. Wer jeden Morgen seinen Rasen mit der Nagelschere pflegt: Von mir aus. Spießig? Sicher irgendwie, aber doch harmlos. Schlimmer ist es doch eigentlich wenn man sich selbst einschränkt, weil man sich selbst von anderen dermaßen einschränken lässt. Ich kann Biohippies nicht leiden, aber Bionade ist toll. Ich werde doch nicht keine Bionade trinken, nur weil ich ein paar Konsumenten von Bionade nicht leiden kann. Konsequent müsste ich dann auch aufhören Cola, Fanta, Wasser zu trinken. Brot zu essen etc..

Spießig ist es, eingefahrenen Wegen zu folgen, einfach weil die Spuren schon da sind. Spießig ist es, etwas zu tun, weil es alle tun. Genauso Spießig ist es aber, etwas nicht zu machen, weil es alle machen; oder weil es einige bestimmte machen. Gerade dann, wenn das der einzige Grund ist. Nichtspießig ist es, zu machen was man mag, weil man es mag. Und zu mögen was man mag, weil man es gut findet, nicht weil andere es gut finden. Oder sagen sie fänden es gut.

Pressetweets

Twitter ist in.

Also jetzt nicht nur bei den üblichen Verdächtigen – all denen die neben dem hochkommunikativen 140-Zeichen-Blog Twitter auch noch ein richtiges Blog haben – sondern bei den traditionellen Medien.

Die Welt Kompakt twittert. Es gab sogar eine Geschichte im Heft, (die ich verpasst habe), aber Twitter war wohl sogar auf dem Titel.

Ich hab deren „Twitter-Auftritt“ auch noch nicht völlig durchschaut, aber da scheint jeden Tag einer der Menschen aus der Redaktion seine Tweets abzusetzen.
Am Anfang des Tages sagen sie auch immer wer gerade am Twittern ist. Finde ich sehr vorbildlich. Neben kleinen Einblicken was gerade in der Redaktion passiert wird auch einfach persönliches gesagt (Kommentare zu Fußballergebnissen z.B.). Gefällt mir und macht glaube ich bei der noch kleinen Gruppe im Twitterversum sehr erfolgreich Imagewerbung. Aus der Gesichtslosen Redaktion könnte so relativ schnell jemand werden, mit dem man noch stärker Emotionen verknüpfen kann und über den man auch mehr weiß. Mich (!) motiviert so was auf jedenfall öfter mal die Welt Kompakt am Kiosk auszuwählen.

Die (Hamburger) Mopo twittert auch. Seit gestern. Der Einstieg war noch etwas ungelenk und wirkte mir noch etwas „zu professionell“. Auch was ich von anderen mitbekommen habe, waren die ersten Schritte etwas zu sehr mit dem Marketing- und Standard-Info. Genau wie mit Corporate- oder Medienblogs ist es einfach wichtig, dass man sich auch mit dem neuen Medium auseinandersetzt, nicht bloß rein setzen und losfahren. Jedes Medium hat seine Eigenheiten und die Zielgruppen können sehr sensibel sein. Aber klar, am Anfang sind kleine Schritte sicher auch erlaubt.

Und der Eindruck der im Laufe des Tages entstand war schon der, dass sich da jemand bemüht in Twitter anzukommen (witzigerweise weiß ich nicht, ob ich selbst in Twitter schon angekommen bin. Kommt man da überhaupt jemals an? Ich mein, ich bin auch erst einen Monat oder so dabei).  Spannend auch, das inzwischen wirklich schon was „zwischen den Zeilen“ vermittelt wird. Mehr davon 🙂

Cem Basman hat – wenigstens was ich mitbekommen habe – als erster Blogmässig auf den Mopo-Tweet reagiert. In den Kommentaren finden sich diverse andere Einträge. Wer sich also Mopomäßig weiter informieren will, liegt da bestimmt nicht falsch.

Grundsätzlich eine wirklich schöne Entwicklung.
Vielleicht hat bei den Medien ja wenigstens ein Teil der Betroffenen gemerkt,
wie leicht es eigentlich ist, Web 2.0 zu leben, wenn man nur will.

Edit: Mopo twittert nicht als Redaktion. Das ist ein einzelner der das aus eigenantrieb macht.
Trotzdem bleibt der Kern dieses Posts für mich wahr und relevant. So kann man Sympathien etc. schaffen. Aber die Info hilft natürlich auch das Auftreten von Mopo in Twitter
einzuordnen.