Rauchverbot

Langsam nährt sich der deutschen Gesellschaft ja der große Unbekannte namens „Rauchverbot“. Kurz: Ab Neujahr 2008 darf in Kneipen nicht mehr geraucht werden, oder diese müssen einen extra „Raucherraum“ zur Verfügung stellen. De Facto heißt das für die meisten Lokale wohl ein totales Rauchverbot.

Jetzt zeigen diverse Erfahrungen im Ausland (Spontan fallen mir Irland und Italien ein), dass dies – obwohl der Anteil der Raucher in der Bevölkerung dort höher ist als hier – einen positiven Effekt hat. Die Umsätze der Kneipen sind dort wenn ich das richtig mitbekam gestiegen.

Dass sich nun viele Raucher „wehren“ – also durch Unterschriftenlisten etc. versuchen politischen Einfluss zu nehmen um ihr „Recht auf Rauch“ zu verteidigen finde ich ja noch einigermaßen nachvollziehbar. Aber dass sich viele Wirte offenbar von den Rauchern instrumentalisieren lassen finde ich doch etwas erstaunlich. Denn – siehe oben – Offenbar ist es vom Umsatz eher im Interesse der Wirte rauchen zu verbieten.

Zudem ist die aktuelle Diskussion wie ich finde sehr scheinheilig. Raucher klagen über intolerante Nichtraucher (ja, ich bin auch Nichtraucher), weil diese Ihnen das Rauchen verbieten wollten. JA! Wollen wir! Wir verbieten es Menschen auch in der Stadt schneller als 50Km/h zu fahren, weil das Risiko für andere dann „zu hoch“ ist, in einen Unfall verwickelt zu sein. Wir verbieten es jugendlichen Alkohol zu trinken, Erwachsenen mit Chemikalien herumzuspielen, Erwachsenen grundlos mit Schusswaffen umher zu rennen oder gar damit durch die Gegend zu ballern (über diverse Einschränkungen dieser Verbote und deren Sinnhaftigkeit ein anderes Mal).

Alles mit dem Ziel unbeteiligte zu schützen. Und das scheint inzwischen ja bewiesen: Auch passivrauchen macht krank!
Von der Raucherlobby bzw. den Rauchern kommt dann inzwischen oft das Argument man können ja zuhause bleiben. Außerdem gäbe es doch ganz viele Nichtraucherkneipen wenn der Bedarf so riesig wäre.
Zum ersten: Mit der Argumentation kann ich auch behaupten wer ein Problem damit hat, wenn PKW mit 200Km/h durch die Stadt reisen könne ja zuhause bleiben.
Zum zweiten: Solange der Markt hier völlig frei ist, offenbar ja nicht. In nahezu jedem Freundeskreis ist ein Raucher, der von den anderen (Toleranten!) Nichtrauchern natürlich nicht ausgegrenzt wird. Also nimmt man –vielleicht auch aufgrund des niedrigen Leidensdruckes, oder eben weil die Alternativen fehlen, in kauf, dass man in einer verqualmten Kneipe sitzt. Möglicherweise leicht genervt wenn man danach wieder den Geruch der Klamotten riecht. Es gibt nämlich keine Alternativen. Und der Wirt, der als einziger eine Nichtraucherkneipe aufmacht geht ein recht großes Risiko ein, weil eben ein einziger Raucher in einer Gruppe Nichtraucher diese aus dem Bereich seiner Zielgruppe zieht.
Also muss der Staat eben eingreifen. Denn wenn alle Kneipen Nichtraucherkneipen sind, haben wieder alle Wirte gleiche Bedingungen. Wir werden sicherlich sehen, wie relevant ein Raucherraum ist, nach genau den „Freier Markt Theorien“ müssten Kneipen die auch Raucherbereiche haben ja im Vergleich deutlich mehr Umsatz machen.

Ich persönlich freue mich jedenfalls auf rauchfreie Abende und darauf morgens aufzuwachen und nicht in den Haaren noch den Tabak unbekannter dritter von gestern Abend zu riechen. Ich bin übrigens relativ sicher, dass auch die Raucher die jetzt noch so laut jammern recht schnell wieder in ihre gewohnten Kneipen einkehren werden (zusätzlich zu all den Nichtrauchern die sich dort nun länger aufhalten, weil die Luft besser ist), denn das Eingeständnis, man sei so süchtig, dass man es in der Kneipe ohne Glimmstengel nicht aushält wird einigen bestimmt ausreichend peinlich sein, dass sie sich das noch einmal überlegen.
Vielleicht wirkt sich das ganze sogar positiv auf den Getränkeverkauf aus (toll für die Wirte), da man jetzt weniger Zeit mit Ablenkung durch die Zigarette verbringt.
In England war es wohl so, dass dank des Rauchverbotes mehr SMS geschrieben wurden. Ach hier hatten die Raucher offenbar die Hände einfach zu frei, und haben sich eine Ersatzbefriedigung gesucht.

Eine SMS kostet ungefähr so viel wie eine Zigarette. Passt doch!

Rückzugsgefecht?

Als bekennender Atheist hat man naturgemäß ein eher skeptisches Verhältnis zur Religion als solche. Von daher habe ich Richard Dawkins „The God Delusion“ vor einigen Monaten mit Begeisterung verschlungen (inzwischen auch auf Deutsch übersetzt erhältlich: „Der Gotteswahn“).

Dank Kardinal Meisners Aussage zu „entarteter Kultur“ ist die Kirche ja derzeit wieder gut im Gespräch. Spannend daran finde ich, dass inzwischen selbst die größten Agitatoren der Kirche scheinbar das Bedürfnis haben ein Gefecht zu führen, dass für mich immer mehr wie ein Rückzug wirkt.

Sollte der Gläubige, eigentlich jeder Mensch, nicht glauben, weil er damit das Richtige tut? Sollte er nicht glauben, weil es die Wahrheit ist, an die er glaubt? Weil in der Bibel Gottes Wort zu lesen ist? Eben weil all das an das er glaubt wahrhaftig ist? Eigentlich weil er weiß anstatt zu glauben?

Und dann kommt von Kardinal Meisner dies:

Wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kult im Ritualismus, und die Kultur entartet. Sie verliert ihre Mitte
Nachzulesen u.A. bei SPON

Wo also eine Gesellschaft sich Säkularisiert und von der Kirche entfernt, wird sie Kulturlos, verliert ihre Werte.

Anders gesagt: Wir brauchen eine Religion um unsere Kultur und unsere ethisch-moralischen Werte aufrecht zu erhalten. Glaube also nicht mehr des Glaubens wegen, sondern um ein bestimmtes System zu stabilisieren.
Religion nicht mehr weil sie wahrhaftig ist, sondern weil wir sonst amoralisch, rituell, kultisch handeln würden. Weil wir sonst ‚entarten’ (die Diskussion über diesen Begriff überlasse ich gerne anderen).

Früher kam es mir so vor, als hätte die Kirche selbst ein ausreichend großes ‚Ego’, um offen dazu zu stehen, dass sie „Die Wahrheit“ spricht:

„Glaube, was wir dir erzählen, denn wir wissen was wir sagen und was wir sagen ist wahrhaftig!“

Inzwischen fühlt man sich aber scheinbar genötigt, darauf hinzuweisen, dass Religion ja auch kulturell wichtig sei, dass der Gesellschaft etwas fehlen würde.
Nur ist dies keine offensive Argumentation wie einst, sondern eine rein defensive. Es scheint, als gingen der Kirche langsam aber sicher die Argumente aus.
Denn dies ist die krampfhafte Suche nach einem Sinn eines Glaubens, genau so wie viele Gläubige wohl vor allem deshalb glauben, weil sie sonst keinen Sinn in ihrem Leben sehen.
Es ist der Versuch Religion einen neuen, einen zusätzlichen Nutzen aufzupfropfen um Ungläubige zurück zu gewinnen oder wenigstens davon abzuhalten eine Institution die sich im säkulären Westeuropa gewissermaßen überlebt hat, noch weiter in die gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit zu drängen.
Und leider findet die Kirche mit so was immer noch viel zu oft Gehör, auch bei Nichtgläubigen.

Es ist ein Irrglaube, dass die Religion wenn schon nicht wahr, dann nützlich sei, weil sie die Moral stärke. Solange auch Nichtgläubige dem etwas abgewinnen können, haben die Meisners leichtes Spiel.
Robert Misik in der TAZ

Es bleibt zu hoffen, dass immer mehr Menschen zu ihrem Atheismus stehen.
Es bleibt zu hoffen, dass es immer mehr Menschen gibt, die wie Dawkins den Finger in die Wunden legen und darauf hinweisen, dass es überwältigend viele Argumente gegen einen Gott wie ihn die drei großen Religionen definieren gibt, und nach aktuellem Wissenstand keine dafür.

In diesem Sinne

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk II

Nachdem ich ja auch vorgestern gerade auf das Thema einging, durfte ich heute quasibegeistert feststellen, dass sich sogar die regierende Kaste dank des Urteils wieder darauf stürzt. Überraschenderweise sogar mit, so scheint es, brauchbaren Ansätzen – die allerdings leider überwiegend nichts am meiner Meinung nach relevantestem Grundproblem ändern.

Laut Spiegel gilt immerhin „Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger will die Grundversorgung mit Angeboten künftig über Gesetze und Staatsverträge konkreter definieren.“ – je nach dem wie diese Grundversorgung dann definiert
würde, ist das ja schon mal ein Schritt in die für mich richtige
Richtung :-).

Die Diskussion scheint sich jedenfalls in die Richtung zu entwickeln, dass mehrere konkurrierende Modelle existieren die im großen und ganzen darauf hinaus laufen, dass alle das gleiche bezahlen müssen. Also dann auch völlig unabhängig davon ob sie ein Empfangsgerät besitzen oder nicht. Die stärkste Differenzierung der Modelle scheint sich darauf zu beziehen, ob pro Kopf oder pro Haushalt abgerechnet wird.  Ich selber denke eigentlich, dass pro Kopf die logischere Variante wäre, allerdings dürfte das den aktuellen Tendenzen entgegenwirken, die immer mehr Sonderrechte für Fortpflanzungswillige bevorzugen.

Anyway, mit beidem könnte ich prinzipiell gut leben.

Laut Spiegel sagt allerdings Herr Wowereit im Tagesspiegel am Sonntag
(finde ich leider nicht auf die Schnelle online, daher keine Originalquelle)
sinngemäß, dass der ö/r Rundfunk nur mit Minderheiten in eine Randexistenz geriete und deshalb auch weiterhin Sport, Volksmusik etc. ausstrahlen müsse und entsprechende Finanzmittel benötigten. Das ist zwar in sofern richtig, dass sie dann sicherlich diese Randexistenz einnehmen würden, aber auch hier lässt sich natürlich wieder trefflich streiten wie weit denn dann die Grundversorgung ginge. Bundesliga Live muß sicherlich nicht sein, oder?

Mal wieder etwas typisch ist, dass sich sowohl der Spiegel als auch Heise
auf die Bildzeitung berufen.

So weit entfernt von klassischem Journalismus ist man als Blogger dann auch nicht mehr, wenn man nur andere Internetquellen nutzt :-).  Jedenfalls würden nach deren unglaublich differenzierender Umfrage 71% der Menschen hier es begrüßen, wenn ARD und 2DF auf Werbung verzichten würden.

Dies heißt mitnichten das was Spiegel Online daraus macht:

Nämlich, dass sich mehr als 70% für eine Abschaffung aussprechen
würden, zumal hier absolut nicht über die Konsequenzen gesprochen wird
(übrigens auch nicht bei der Bildzeitung).

Eine Abschaffung der Werbung in ARD und 2DF jedenfalls hieße im
Umkehrschluss ja zunächst einmal, dass diese weniger Geld hätten als
vorher. Also müssten bei gleichbleibenden Kosten die Gebühren wieder
erhöht werden, wogegen sich dann wieder die Bildzeitung und ihre Leser wehren würden 🙂

Wie auch immer – es freut mich insgesamt, dass wie es aussieht
Bewegung in die Thematik gekommen ist. Mal schauen was passiert.