Gegenläufige Gentrifizierung

Gibt es ‘Richtiges im Falschen’?

Es soll hier gleich vor allem um die Vorschläge für die neue Gegengerade im Millerntor Stadion gehen. Dazu gibt es verdammt viel lesens- und sicher auch wissenswertes. Wie ich finde sehr ordentlich und weitreichend zusammengefasst im Lichterkarussell.

Um das ganze einzuordnen versuche ich erst mal, meinen ästhetischen (!) Standpunkt was Architektur, Gebäude, Neubauten etc. angeht auszuführen.

Also – ich kann mit “altem” Kram oft nichts anfangen.

Oldtimer sind für mich vorrangig technisch veraltete PKW, die man wenn möglich durch neue (effizientere, technisch ausgereiftere etc.) ersetzen sollte.
Ähnliches gilt für Gebäude. Gesellschaft entwickelt sich weiter und genauso sollte es der Raum tun, in dem sich Gesellschaft abspielt. Einzelne “Erinnerungen” an vergangene Zeiten sind sicherlich angebracht, aber insgesamt wünsche ich mir Dynamik, Veränderung, Moderne… Ich finde die Tanzenden Türme, die am Eingang zur Reeperbahn gebaut werden ästhetisch schick. Auch die Elb-Philharmonie finde ich ästhetisch und architektonisch ein sehr spannendes Projekt. Das wird, wenn es fertig ist, etwas, das mir optisch sehr gefallen dürfte. Zugleich finde ich, dass auch solche so genannten “Leuchtturmprojekte” nur eine Begrenzte Zeit aktuell sind. Kommenden Generationen wünsche ich ihre eigenen “Leuchttürme”. Ihre eigene visuelle Sprache.

Ich weiß, dass ich damit eine vermutlich nicht mehrheitsfähige Meinung habe. Vielen gefallen alte Gebäude, viele mögen traditionelles. Egal.
Wichtig ist: Die oben genannte Meinung bezieht sich vor allem auf die Ästhetik. Geschmack also.

Ästhetik ist natürlich lange nicht alles. Gerade Architektur hat immer auch eine politische Komponente. Das ist mir sehr bewusst. Beispiel im regionalen Umfeld des FC St. Pauli ist die Diskussion um den Abriss der “Esso-Häuser”.
Kurz gefasst: Neubau ‘schicker’ (klar, Geschmackssache), moderner Häuser führt zu einer Aufwertung die zu teurerem Wohnraum und damit zur Verdrängung Alteingesessener führt. Sozial benachteiligte werden hierbei noch stärker benachteiligt als bisher und genötigt in andere Quartiere umzuziehen. Gentrifizierung eben. Ein typischer Prozess, der so selbst ohne Neubauten kaum aufzuhalten ist, allerdings deutlich länger dauert. (Irgendwann sterben die Alteingesessenen und jüngere, besserverdienende ziehen in das In-Viertel.).
Der Standpunkt der Abrissgegner ist hier im Zweifelsfall auch aus meiner Perspektive bedeutender als (mein) ästhetisches Empfinden. Und im Falle der Esso-Häuser dürfte diese Analyse auch den Kern treffen.

Nun habe ich hier das Dilemma, dass ich scheinbar ästhetisch und politisch entgegengesetzte Ziele habe. Die Frage ist für mich dabei: Lassen diese Ziele sich vereinbaren?

Theoretisch sicherlich. Auch sozialer Wohnungsbau ist in (staatlich geförderten) modernen Neubauten möglich. Auch dort sind (für mich) hübsche Baukonzepte realisierbar. Dies muss allerdings staatlich so gewollt und entsprechend reglementiert und gefördert werden.
Dass dies so bei den Esso-Häusern zwar teilweise geäußert wird (“keine Verdrängung”) halte ich aber selbst in optimistischen Phasen eher für wenig wahrscheinlich. Das haben einfach die Handlungen der verschiedenen Stadtregierungen der letzten Jahre sehr deutlich gemacht. Aber ‘nur’ weil hier nicht so gehandelt wird, ist das ja kein Automatismus.

Kommen wir also zum Millerntor-Stadion und der kommenden Gegengerade. Kurz gefasst werden derzeit zwei Varianten diskutiert. Eine (nenne ich hier jetzt mal so) modern-ambitionierte Fassung mit dem Namen “Welle” und eine eher klassisch-traditionelle Fassung die keinen richtigen Namen hat. Neben diversen Pro- und Kontra-Argumenten für beide Entwürfe wird die “Welle“ aber eben auch gestalterisch mit den oben genannten “Leuchtturmprojekten” identifiziert und damit eben auch in den Gentrifikations-Zusammenhang gesetzt. Ach so: Ich finde den Wellenentwurf hübsch. Gefällt mir. Fände ich großartig. Sollte ich dazu sagen.

Der Kritikpunkt ist dann, dass wir als Verein eben kein Bauwerk bauen (lassen) sollten, das der Gentrifizerungs-Philosophie folgt. Dass wir eben signalisieren sollten, dass wir Gentrifizierung oder Verdrängung sozial schwächerer kritisch gegenüberstehen.
Und diese kritische Perspektive sollten wir tatsächlich einnehmen. Da gebe ich den Kritikern auch Recht.

Ich finde es hier aber wichtig zu fragen, ob man Gentrifizierung mit Baustil gleichsetzen muss.

Meiner Meinung nach deutlich nein.

Gentrifizierung meint Verdrängung. Das Schanzenviertel zeigt zum Beispiel eigentlich sehr deutlich, dass diese viel früher einsetzte, lange bevor hier versucht wurde den Stadtteil mit ‘moderner’ Architektur zu verändern. Oft laufen die beiden Prozesse (Verdrängung, architektonische Veränderung) zwar mehr oder weniger Hand in Hand. Klar. Neue Häuser kosten Geld, das im Kapitalismus eben in der Regel dann auch zu mehr Einnahmen führen soll. Und ja – Neubaupolitik und Veränderungen im Umfeld (z.B. andere, teurere Geschäfte) beschleunigen die Gentrifizierung. Das ist klar.

Aber nochmal: Das ist ja kein Automatismus.

Es gilt also, die ästhetische Komponente von der verdrängenden zu lösen. Und dann frage ich mich folgendes:

Wäre es nicht ein viel größeres Zeichen gegen die Verdrängung, etwas (für mich!) schönes und modernes zu bauen, und das eben ohne die Verdrängung der Alteingesessenen?

Wäre das Zeichen nicht viel intensiver, wenn man sich mit Gentrifizierung verbundener Formen bediente und damit zeigen würde, dass es eben auch ohne geht?
Das Moderne und Verdrängung eben kein Widerspruch sein müssen?
Wäre es nicht super, die Welle zu bauen (so die anderen Argumente denn pro Welle ausfallen – wie gesagt für mich tun sie das, aber da sollten schon mehr Menschen mit mehr Ahnung entscheiden) und hinterher 10.000 Stehplätze für je 11 Euro zu haben.
Mehr Stehplätze als vorher für den gleichen Preis wie bisher in einer ästhetischen und modernen Tribüne? Offensiv kommuniziert als Zeichen gegen Verdrängung?

Oder wollen wir dahin, dass es Schönheit nur für Betuchte gibt? Das wäre die Botschaft, die ich mit einer Entscheidung kontra Welle ausschließlich aus Anti- Gentrifizierungsgründen verbinden würde.

Na klar, ich “mache mir die Welt, wie sie mir gefällt”. Zumindest ein Stück weit.

Aber nur so kommt man doch dahin, dass die Welt so wird, wie man sie gerne hätte.

Und ich hätte eben gern eine Welt, in der moderne (und vor allem ästhetische) Architektur nicht zwingend für Gentrifizierung steht. In der auch sozial schwächere sich modernen Wohnraum leisten können. In der eine neue, moderne Tribüne nicht zwingend zu teureren Tickets führen.

Ich will niemanden dazu zwingen, die Welle schön zu finden. Ich würde mir aber wünschen, dass bauten wie diese nicht automatisch Ablehnung erfahren, nur weil viele dieser Bauten eben mit Gentrifizierung verknüpft werden können.

Was meint Ihr?

Präsidentenwahl im Namen Gottes

Die größte Konfessionelle Gruppe in Deutschland ist, man glaubt es kaum, konfessionslos. Mehr als ein Drittel aller in Deutschland lebenden Menschen.

Und wer wird von den großen Parteien zur Wahl vorgeschlagen?

Herr Gauck, evangelischer Pastor.
Christian Wulff ist Kuratioriumsmitglied von “ProChrist”.

Andere Vorschläge wären z.B. Frau von der Leyen, die z.B. Schirmherrin des “evangelikalen Jugend-Kongresses Christival” ist.
Oder Margot Kässmann, ebenfalls evangelische Pastorin.

Man sieht, wohin ich will, oder?

Alles – für ein Volk von Konfessionslosen und / oder weitgehend inaktiven Konfessionellen – auffällig religiös aktive Menschen. Wie kommt das?

Was motiviert die aktive Politikerszene (man verzeihe mir diese Anleihe im St. Pauli-Kontext), sich vor allem mit Anhängern von Institutionen zu schmücken, die seit 2.000 Jahren keine Fortschritte gemacht haben? Die an ein Buch und die darin geschilderte Botschaft glauben, das uns sagt, dass die Erde in 6 Tagen geschaffen wurde? (natürlich rein metaphorisch.)
Menschen, die sich offenbar mit der Aussage solidarisch erklären, dass jemand nach seinem Tode nicht nur auferstand, sondern auch noch “gen Himmel fuhr”, wo er jetzt lebt. Seit 2.000 Jahren?

Manchmal fühlt es sich ein bisschen wie Mittelalter an. Aber okay, da sind wir ja offenbar auch noch. Immerhin zahlt der Staat – also wir alle – vor allem auch wir konfessionslosen – das Gehalt für Kleriker. Wie war das noch mal mit der Trennung von Staat und Kirche?

Aber – siehe oben – die scheint eh nur sehr begrenzt beabsichtigt. Die regierende Klasse (und das Wahlvolk?) legt ja offenbar Wert darauf, sich religiös zu geben.

Wobei, auch sonst – der Staat nimmt die Kirchensteuer ein – wäre es nicht logischer, die Kirchen sich selbst zu überlassen? Die Kirchen selbst mit ihren Mitgliedern die Gebühren, Beiträge, whatever vereinbaren zu lassen?

Irgendwie ist mein mal Scherzhaft gemeinter Vorschlag gar nicht so abwegig: Warum nicht Joseph Ratzinger zum Präsidenten machen? Das würde uns wenigstens das Rumgeeiere ersparen. Und eine Papst-Bundespräsidenten-Personalunion wäre zumindest absurd.

Einer dieser Tage, an denen ich mich darüber ärgere, dass die konfessionslosen eben gerade “nichts” gemeinsames haben und deshalb so schwer zu organisieren sind. Schon immer ein Problem derer, die für sich selbst dachten: Keine eigenen und weitgehend anerkannten Autoritäten.

Naja. Eigentlich auch nix Neues. Aber ich wollte mich mal wieder aufregen. Wenigstens ein kleines Bisschen.

Peng

Ich bin ja eigentlich ziemlich tolerant. Ziemlich gelassen und entspannt. Bin in der Lage andere Meinungen zu akzeptieren, andere Standpunkte anzuhören, zu verstehen und abzuwägen. Und dann für mich zu entscheiden, inwiefern ich der Argumentation folge, oder nicht folge.

Aber ab und zu fällt mir das mit dem gelassen sein ziemlich schwer.

Zum Beispiel dann, wenn man mich dazu zwingt oder nötigt, eine Meinungsäußerung zu tätigen.

Stell Dir vor, es ist Demo, und Du musst hingehen.

Hamburg, 28.03.2010, 13:00, Millerntorstadion, Südkurve.

Wie vor eigentlich jedem Heimspiel war ich mit der Bezugsgruppe unterwegs ins Stadion. Eigentlich wollten wir auch nur auf die Stehplätze, um uns langsam an die Stadionatmosphäre zu gewöhnen, anzukommen, einen ordentlichen Platz zu finden. Wie man das halt so macht, als Fussballfan. Also.. kommt mir jedenfalls so vor.

Dankenswerterweise wurden wir vor dem Spiel noch einmal darüber informiert, dass sich einige Fanclubs dazu entschlossen hatten, die ersten fünf Minuten des Spiels zu boykottieren. Draußen zu bleiben, um ein Zeichen zu setzen, “für Fanrechte” und gegen das “Aussperren” der Rostocker (aussperren war jedenfalls der Begriff, den mir später einer der Boykottbefürworter an den Kopf warf). Inwiefern die Reduktion von Eintrittskarten für ein Fussballspiel eine Aussperrung bedeutet ist mir zugegeben sehr unklar, aber nun gut. Dann werden ja alle ausgesperrt, für die es keine Tickets gibt, oder? Was ist, wenn es mehr Interessenten gibt, als Tickets? Sind diejenigen, die dann kein Ticket bekommen auch ausgesperrte?

Naja, die Bezugsgruppe hatte das Thema vor dem Spiel kontrovers diskutiert, und war sich durchaus nicht einig in der Meinung zu dem Boykott. Von “ich find die Kontingentierung scheisse, weiß nicht, ob ich mitmachen soll” bis zu” “Man kann über die Kontingentierung geteilter Meinung sein, aber weder Protest, noch Protestform finde ich unter den aktuellen Umständen sinnvoll”, war alles dabei. Wir waren also absolut nicht “anti”, wie dann später unterstellt.

Uns wurden Flyer gereicht, einer aus der Bezugsgruppe ließ sich einen geben, wir schauten drauf, sahen uns den Flyer an und fanden… keine neuen Argumente. Das war alles in diesem Internet schon durchgekaut worden. Wir wussten also auch, worum es geht (später wurde uns dann vorgeworfen, wir wären nur uninformiert). Nun denn, ab in die Kurve, dachten wir uns.

Dummerweise fanden die Unterzeichner, oder wenigstens ein Teil der Unterzeichner, es gar nicht lustig, wenn man sich nicht für Ihre “Bitte” nach Boykott aussprach. Schon gar nicht, wenn man nicht mit boykottieren wollte. Aus welchen Gründen auch immer. Will sagen: Man durfte schlicht nicht rein. Mit geschätzt 30 bis 40 Personen wurde zumindest unser Aufgang in die Kurve versperrt, die reindrängende Masse nicht weiter gelassen.

Blockade statt Boykott?

Wir standen recht weit vorn, so dass einige von uns versuchten, mit den Blockierern zu diskutieren. Was zurückkam lief ungefähr auf folgende Argumente hinaus:

  1. “Wir kämpfen auch für eure Rechte!”
  2. “Ihr wollt doch auch zum Derby, nächste Saison”
  3. “Wenn Ihr euch nicht engagiert, dann dürft Ihr euch nicht beschweren”
  4. “Ihr habt keine Rechte”
  5. “Es sind doch nur fünf Minuten”.
  6. “Ihr wisst nur nicht, worum es geht, informiert euch, dann bleibt Ihr auch draussen”

Besonders schön daran, dass die Hälfte der Argumente in die Richtung ging, dass wir – oder alle anderen Angesprochenen – ja nur keine Ahnung hätten. Und die andere Hälfte einem einfach erklärte, dass man nur mal die Fresse halten müsste, weil man keine Rechte hätte etc…

Im Nachhinein durfte ich im Forum dann noch feststellen, dass sowas offenbar auch Teil des Südkurvenkonzepts sei. Von wegen selbstverwaltet. Nun ja, alles, was ich bisher darüber gelesen hatte, bezog sich auf Support, Anfeuern, laut sein. Aber der Zwang zu politischen Äußerungen war mir jetzt doch sehr neu.

What?

Toll, wie sich inzwischen herausgenommen wird, für alle zu sprechen. Toll, wie demokratisch solche Sachen in der vermeintlich basisdemokratischen Ultrakurve entschieden werden. Toll, wenn sich der Fanclubsprecherrat, der vermeintlich wenigstens für alle Fanclubs sprechen soll, solidarisiert (anders kann ich das Verhalten nicht deuten, sonst hätte es längst eine kritische Stellungnahme geben müssen). Toll, wenn der Verein selbst nicht in der Lage ist, seine Zuschauer zur Ordnung zu rufen.

Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Demokratie fordern, aber für andere Entscheiden. Toleranz für “Fanrechte” fordern, aber keine Toleranz für andere Meinungen und Interessen aufbringen. Vor allem: Fanrechte fordern, und die Fanrechte anderer massiv beschneiden.

Das ist doch genau das, was der Verein mit den Rostockern macht, und in Zukunft alle mit uns machen werden.

Zum einen macht nicht “der Verein” was mit den Rostockern, sondern die Rostocker machen was. Nämlich die zur Verfügung stehenden Karten nicht nutzen. Das ist ihr gutes  Recht, aber zunächst mal kein Einschnitt in irgendeine Freiheit, der so immer wieder vorkommt.

Verdammt, Karten werden dauernd kontingentiert, sonst könnten Auswärtsfans ja auch Karten für den Heimblock kaufen etc..

Zum anderen macht nicht “der Verein” was, sondern vor allem erst mal die Polizei.

Zum dritten, weiß ich gar nicht, ob das jetzt alle mit uns machen werden. Und wer “uns” überhaupt ist. Es besteht die Möglichkeit, aber es ist kein Fakt. Und genauso besteht die Möglichkeit, dass dies zunächst eine Ausnahme war. Sowas gibt es nämlich – trotz Polizeistaatsparanoia (oder –Angst, ich will ja gar nicht darauf hinaus, dass sowas nicht auch zum Teil berechtigte Angst ist!) immer noch.

Aber – darum geht’s mir eigentlich nicht. Protest ist das gute Recht aller. Und wenn ich ihre Meinung nicht teile, protestiere ich einfach nicht mit.

Nur in diesem Fall ging es halt nicht, in diesem Fall konnte ich mich nicht entscheiden, den Protest nicht zu teilen, sondern wurde gezwungen ein Zeichen zu setzen. Durch mein Fernbleiben im Stadion.

Das ist – wenn man so möchte – vergleichbar damit, sich in die Wahlkabine zu stellen und die Wähler dazu zu zwingen, ihr Kreuz an die Stelle zu machen, an die man es gerne hätte.

Das ist St. Pauli.

Sich den denkenden, eigenständigen Mitfan wünschen, aber was dagegen haben, wenn der denkende, eigenständige Mitfan die eigene Meinung nicht teilt.

Das ist St. Pauli.

Mir wird ja schon länger schlecht, wenn wieder irgendjemand im Umfeld des Vereins einfach mal so “Solidarität” fordert, aber inzwischen sind hier wirklich alle Grenzen weit hinter sich gelassen, die eine Verwendung dieses Begriffes noch rechtfertigen.

Was wollt Ihr doch gleich? Solidarität? Man kann Solidarität nicht erzwingen. Man kann Meinungen nicht erzwingen. Solidarität? Was ist das für euch? Blindes unterstützen einer Aussage, weil man zufällig irgendwie einer Gruppe angehört in der die lauten sich einig sind? Einer Gruppe, die ca. 20.000 Menschen umfasst, die “St. Pauli-Fans im Stadion” heißt? Alle St. Pauli-Fans solidarisch? Solidarität my ass. Solidarisch mit Menschen, die mich als jemand der im weiteren Sinne für die Werbebranche arbeitet für “scheiße” hält? Solidarisch mit Menschen, die mich potentiell erst mal als “Internethool” abtun würden, weil ich nicht in nem organisiertem Fanclub bin? Mit Menschen, die mich wahlweise als “Schnarchnase” (fürs Protokoll, ich hab in den letzten Spielen gefühlt 80% der Zeit gesungen und geschrien) oder “Modefan” (der seit 20 Jahren ins Stadion geht…) bezeichnen.

Noch gar nicht so lange her, wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kopf nicht am Stadionausgang abgegeben werden soll. Das bringt dummerweise den Effekt mit sich, dass man viele verschiedene Meinungen und Perspektiven hat. Auch die Meinungen, die nicht die eigene wiederspiegeln.

Das war mal St. Pauli.

Dachte ich.

Aber nun gut. Ich hab dazu gelernt. Ich weiß jetzt, dass ich keine eigene Meinung brauche, weil “die aktiven Fans” mir diese Arbeit abnehmen. Wozu auch selbst denken, das kann ich ja eh nicht.

Ich weiß jetzt, dass ich bei Eingriffen in meine Rechte ja “einfach mal fünf Minuten warten kann”. Ich weiß jetzt, dass es Fans und Fans gibt. Faktisch. Fans, die Recht haben und offenbar auch Recht sprechen, und der Rest, der – wenn er Glück hat – ins Stadion gelassen wird.

Danke für das Abnehmen meiner Entscheidungen. Das hat mich eh schon immer überfordert.

Und in zwei Wochen wird wieder gejammert, dass man “Ultra” nicht verstehe. Weil man eigene Lieder singt.

Ach ja. Das ist ja das Südkurvenkonzept:

Kopf an der Tür abgeben und singen, was der Vorsinger ins Megaphon schreit. Stimmt ja. Das ist Ultra. Das ist Südkurve. Eine Meinung. Für alle. Stimmt ja. Ein Lied. Für alle. Einhaken. Im Takt marschieren hüpfen. Machen, was einem gesagt wird. Stimmt ja.

Individualismus ist scheiße.

Meine Fresse, wie kann man so den Schuss nicht gehört haben?
Wie kann man diktatorisches Vorgehen leben und sich gleichzeitig über das möglicherweise undemokratische Handeln des Vereinspräsidenten beschweren?
Wie kann man sich anmaßen, hier die einzig gültige Wahrheit gefunden zu haben?

Und da macht es auch keinen Unterschied mehr, ob kleine Kinder und Gebrechliche in den Block gelassen wurden (wurden sie nicht), oder ob es nur wenige waren, die nicht rein wollten (waren es nicht), das ist völlig egal. Und wenn nur ein 120 Kilo-Muskelprotz durch so eine Aktion daran gehindert wird, sein Recht auszuleben ist das einer zu viel.

Schön auch, das Argument, dass man ja bei Streiks oder Demos auch Einschränkungen hinnehmen müsste. Ja, muss man. Diese sind irgendwo, in irgendeinem gültigem Gesetz rechtlich definiert.

Ein Recht, das trotz allem immer noch durch öffentliche, demokratische Wahlen legitimiert ist (was auch immer man von Repräsentativdemokratie sonst so halten mag). Ein Recht, das von dafür zuständigen Menschen durchgesetzt wird (Zum Beispiel Polizisten. Aber okay, die muss ich ja – Kopf steht noch am Stadioneingang – ohne Einschränkung scheiße finden, oder?).

Manmanman.

Warum “Peng”?

Damit endlich mal jemand den Schuss hört.

Andere Stimmen zum Thema (die übrigens unterschiedliche Perspektiven vertreten, Stichwort eigene Meinung…Wobei ich jetzt mal alles verlinkt hab, was ich so gefunden habe und schon eine Mehrheit für ‘meinen’ Standpunkt glaube zu erkennen)…