Koffer erschiessen!

Gestern gab’s mal wieder Terror-Alarm im Hauptbahnhof Hamburg.

Jetzt nicht so gefährlich, wie der vielbeschriene, Demokratie zersetzende, Flashmob-Terror. Mehr so der klassische Terror mit Kofferbomben und Explosionen.
Bzw. jetzt halt ohne Explosionen.
Nochmal nachgedacht.. Bomben gabs auch nicht so wirklich.
Kofferterror – klingt irgendwie gar nicht so schlimm, jetzt.. Hm.*

Egal.

Jedenfalls standen da wohl zwei Koffer im Weg, die man mit keinem Besitzer in Verbindung bringen konnte. Und wie das so ist, wird dann erstmal geguckt, ob da irgendwas in die Luft fliegendes drin ist, bevor dann der Bahnhof wieder zur allgemeinen Verfügung freigegeben wird.
Irgendwie schon absurd, wenn man sich überlegt, wie viel Chaos man mit einem leerem, alten Koffer anrichten kann, wenn man ihn nur an der richtigen Stelle “vergisst”.

Im Moment haben wir auf jeden Fall alle ganz große Angst vor Terroranschlägen.
Wir meint jetzt eigentlich mehr die Regierung und deren Angestellte. Aber die müssen es ja auch wissen.
Im hamburger Hauptbahnhof stehen jetzt zum Beispiel an der einen oder anderen Ecke uniformierte Herren mit Maschinenpistole und passen auf uns auf.

Äh, Moment, Maschinenpistolen?

Genau. So wird die Sicherheit der Reisenden gewährleistet.

Ergibt ja auch Sinn. Immerhin kann jederzeit wieder jemand seinen Koffer im Bahnhof stehen lassen um diesen in die Luft zu sprengen. Da muß man gewappnet sein. Und bestimmt sollen die Männer mit den Maschinenpistolen im Notfall den Koffer, ganz in alter Kojak-Manier, erschießen und dann verhören.

Hm. Fragt sich gerade außer mir noch jemand, ob so Sprengsätze hochgehen, wenn darauf geschossen wird? Vielleicht doch nicht die beste aller Ideen.

Alles zurück.

Anders.

Nochmal nachgedacht. Eigentlich muß ja der Täter an seiner Tat gehindert werden. Schließlich ist das Problem nicht eigentlich der Koffer, sondern derjenige, der den Koffer “vergisst”.
Also warten die Herren bestimmt darauf, dass jemand seinen Koffer “unbeobachtet” stehen lässt.
Wie das genau abläuft?
Wahrscheinlich gibt es Menschen, die den Tag damit verbringen uns alle im Bahnhof zu beobachten. Und sofort, wenn einer seinen Koffer allein lässt… Also sagen wir er bewegt sich mehr als drei Kofferlängen von diesem weg… immer dann wird Alarm geschlagen. Die Herren mit den Maschinenpistolen laufen dann natürlich sofort auf den Bahnsteig und erschießen den sich vom Koffer entfernend.. sorgen mit der MPi im Anschlag dafür, dass sich der Koffervernachlässiger möglichst sofort wieder zu seinem Koffer bekennt. Ordnung wiederherstellen. Und wenn derjenige sich dann nicht zurück bewegt, wissen sie, dass es sich um einen inspizierfähigen Koffer handelt. Und erschießen den Attentäter.

Klingt auch nicht so richtig glaubhaft, oder? Ich meine, was, wenn die Begleitung des vermeintlichen Kofferattentäters noch beim Koffer steht? Ist das dann schon eine unerlaubte Entfernung?

Andere Idee.

Die Menschen mit den Maschinenpistolen sollen dafür sorgen, dass mögliche Attentäter gar nicht erst auf die Idee kommen, den Hauptbahnhof in die Luft zu sprengen. Die sehen ja die MPis und bekommen es dann mit der Angst zu tun. Und dann gehen die bösen Attentäter vermutlich gleich wieder nach Hause und kommen dann ganz allein drauf, dass frieden und Gesundheit viel wichtiger sind. Das mit der Bombe war wohl doch gar nicht so toll.

Also.. ungefähr die Reaktion, die ich von jugendlichen Ladendieben erwarten würde. Klar, mit 15 hätte ich dann wohl auch eher das Deo im Regal stehen lassen, als es einzustecken, wenn da so zurückhaltend bewaffnete rumstehen. Das ist mir das Deo ja dann auch nicht wirklich wert.

Sagt mal, geht es nur mir so? Wenn da jetzt wirklich ein echter Terrorist den Bahnhof pulverisieren möchte, der lässt sich doch nicht davon abschrecken, dass da Jungs mit großen Spielzeugen rumrennen? Und der will ja auch nicht Amok laufen (wobei ihn der gezielte Schuss mit der MPi wenigstens bremsen könnte), der will gezielt einen Sprengsatz deponieren, der dann – Minuten später – Bumm macht.
Was sollen da die Wummen? Und vor allem – wenn einer der Schutzmänner dann doch mal in der Situation ist, jemanden am Kofferbomben zu hindern – ist es dann nicht völlig egal, ob er den mit ner MPi oder ner normalen Pistole abknallt? Oder sind die Jungs so schlecht im Schießen, dass sie sicherheitshalber eine möglichst große Streuung benötigen?

Das Einzige, was so erzielt wird, ist doch ein wachsendes Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Panikmache, wenn man so will. Überall Männer mit Gewehren, der Staat wird schon wissen warum. Oder?

Stattdessen könnte man natürlich auch das objektive Sicherheitsempfinden stärken. Wie hoch war nochmal die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland Opfer eines Terroranschlags zu werden? Stichprobe mal die letzten 10 Jahre? Null? Beispielsweise im Vergleich zu den Opfern in Verkehrsunfällen vor Schulen? Sollte man evtl. vor die Schule auch ein paar Männer mit MPis stellen, die dann darauf aufpassen, dass Mami und Papi auch vorsichtig fahren, wenn sie die Kleinen im Porsche zur Schule fahren?

Irgendwie… ich weiß nicht. Aber das bin ja auch nur ich.

*) Ich halte es übrigens wirklich durchaus für sinnvoll, sich um herrenloses Gepäck zu kümmern. Derjenige, der die Entscheidung trifft den leeren Koffer zu ignorieren, der in die Luft fliegt, möchte ich jedenfalls nicht sein.

Und ich so: Yeaahh!

Das war also mein erster Flashmob. Und dann gleich ein so äh.. prominenter. Also so mit live Kanzerlin gucken und so. Naja.

Frau Merkel stand jedenfalls vorn und erzählte irgendwas ziemlich triviales (“und dann war ich 35 und der Herr Kohl sagte zu mir”) und wir standen ziemlich weit hinten und schafften es scheinbar ganz gut mit “Alle so YEAAHH!” für Verwirrung zu sorgen. Ich hab jedenfalls ganz eindeutig den Eindruck gehabt, dass die meisten Anwesenden (die mitgemacht haben) großen Spaß hatten. Besondere Highlights kamen natürlich immer dann zustande, wenn die da vorne irgendwas sagte, wo das Yeaahh wie die Faust aufs Auge passte.

Und dann haben sie die Mauer gebaut

…und alle so Yeaahh!.

Ich fands vor Ort unglaublich schwer, zu beurteilen, wie laut wir wirklich waren. Aber dem genervten Blick den Frau Merkel zwischendrin aufsetzte nach zu schließen, laut genug.

Wobei ich für mich sagen muß, dass die Reaktion bzw. Ignoranz von Frau Kanzlerin mir recht egal war, da hab ich nichts erwartet. Aber ganz großartig waren die anfangs wirklich hasserfüllten Blicke von irgendwelchen Anti-AKW-Heinis, die da munter ihre (nutzlosen, weil wirkungslosen) Plakate hoch hielten.

Mal ehrlich: Glaubt Ihr echt, dass Ihr damit IRGENDWAS ändert?

Das war für mich auch irgendwo mein persönlicher Hintergrund des ganzen. Wobei der mir viel später erst bewußt wurde. Nonsense. Weil das ganze Prozedere Nonsense ist. Die da vorn, die nicht mal mehr was programmatisches erzählt, sondern krampfhaft versucht sympathisch und lässig rüberzukommen (was ihr – oh wunder – mißlang), die da unten, die entweder sowieso schon wissen, dass sie CDU wählen, oder schon wissen, dass sie nicht CDU wählen und – wohl egal was passiert wäre – ihre Meinung auch nicht geändert hätten.
Und wir, die nicht dort waren, weil wir in dem Fall was politisches sagen wollten, sondern weil irgendein Kasper auf irgendein Wahlplakat einen blöden Spruch geschrieben hatte. Ich glaube nicht – im Gegensatz zu den Artikeln die ich so gelesen habe – dass es den Motivator gab, der uns alle dahin brachte. Ich glaube, jeder hatte seine eigenen, kleinen, persönlichen Motive. Die Piraten, die sicher auch “Wahlkampf” machten, die Protestler. Und eben die Nonsense-Fraktion.

Auch völlig egal, eigentlich. Ich hatte eine Stunde lang großen Spaß. That’s it. Und ich bin trotzdem nicht unpolitisch.

Wer es nicht verstanden hat: Spiegel online (“Flashmob-Terror” – is klar)

Wer es eher verstanden hat: Mopo

Und alle so „Hin da!“

Manchmal liebe ich das Internet noch etwas mehr, als normal. Das sind so die Momente, an denen man die Dynamik mit der Tausende Menschen handeln besonders intensiv mitbekommt. Vor allem, wenn es sich dabei eigentlich um gigantischen Blödsinn handelt.

Das erste Mal tauchte das ganze „Yeaahh!“-Thema bei Nerdcore auf. Und ich fands lustig. Sehr. Irgendwie.

Wobei ich den Witz nicht erklären könnte.

Aber das kann Johnny bei Spreeblick auch nicht.

Macht ja auch nix, Witze erklären ist eh doof. Heute früh merkte ich dann, dass das Poster 20 Meter von meinem Büro entfernt steht (Twitpic!).  Inzwischen schon etwas ramponierter.

Und vorhin hab ich dann mitbekommen, dass sich da wohl gerade sowas wie ein Flashmob (nochmal Spreeblick) formiert… Wie großartig wäre das denn bitte? Ich glaub, ich guck morgen Abend mal am Gänsemarkt vorbei. Frau Merkel gucken und äh.. anfeuern! Yeaahh!

Mal schauen, was geht 😀