Blogparade: Mixtape mit 16

Ich schreib hier ja kaum noch was rein, aber das hier… juckte mich dann doch in den Fingern.

Worum geht’s? Eigentlich ganz einfach: „Was wäre auf einem Mixtape gelandet, das ich mit 16 gebaut hätte.“.

16 wurde ich im Herbst 1990… schon ne Weile her.

Ich gestehe, dass ich nicht die komplette Musik des Jahreswechsels 90/91 recherchiert habe, sondern mich an den Top-Listen der beiden Jahre entlang gehangelt habe. Aus heuter Sicht wäre da wohl wesentlich weniger Chart-Quatsch reingerutscht, und wesentlich mehr B-Seiten. Aber nun, das ergibt schon ein realistisches Bild des 16 Jährigen Curi.

Spaßeshalber hab ich mal ergänzt, welchen der Songs ich damals auch käuflich erworben im CD-Regal rumstehen hatte. Ist also doch recht realistisch, die Liste.
(und ich habe in meiner kompletten Jugend genau gar keinen Sampler gekauft. Das sind also keine Zufallsfunde auf irgendeiner Bravo Hits oder so.)

Die Reihenfolge ist zufällig, wahrscheinlich hätte ich an der seinerzeit aber auch noch rumgeschraubt.

Mixtape-ListeIm Nachhinein gerne redigieren würde ich eigentlich nur Vanilla Ice und Enigma, hätte schlimmer kommen können. Aber gerade Ice Ice Baby fühlte sich damals noch irgendwie cool an. Tjanun.

Die beste Übersicht über die Teilnehmer findet sich wohl beim Tim.

Insgesamt stelle ich immer weider fest, wie großartige diese moderne Technik ist. Wie ich spulen hasste und wie sehr ich mich schon bei CDs über funktionierendes Skippen freute.

Life thru a Lens

Weil ich immer mal wieder über Beiträge wie diesen hier stolpere.
Weil ich dann regelmäßig das Gefühl habe, dass die Attitüde gegenüber diesem ganzen Internet-Social-Media-Dingsda so völlig falsch ist, dachte ich mir, dass wenn ich schon ein Blog habe… dass ich das ja auch mal nutzen könnte.

Das klassische U-Bahn-Beispiel

In der U-Bahn starren alle auf Ihr Smartphones.

Gern gelesener „Vorwurf“, ist ja auch wahr. Natürlich, alle nicken zustimmend. Starren ja schließlich auch alle auf Ihr Smartphone. Keine soziale Interaktion mit den anderen, keiner liest mehr Zeitung oder gar ein Buch. Schlimmschlimm.

Nun bin ich alt genug, mich noch daran erinnern zu dürfen, was man damalsTM so gemacht hat. Damals, vor Smartphones, sogar vor Gameboys.

Man saß halt so herum. Der eine oder andere hatte einen Walkman-Kopfhörer auf den Ohren. Heute hört man eben Musik aus dem Smartphone und die Kopfhörer haben Namen.
Und ich verstehe die moralisch-gesellschaftliche Relevanz hier wahrscheinlich einfach nicht, aber für mich ist das quasi dasselbe – nur praktischer.
Der andere oder die Eine las in irgendwas aus Papier. Nun kann man von mir aus noch kritisieren, dass Zeitungen und Bücher damals viel höherwertiger waren, als das was unsereins heute so zu lesen bekommt. Aber ehrlich gesagt war die Presse damals auch nur selten so gut, wie einige es sich heute wünschen. Es fehlten einfach Alternativen.

Hat hier jemand „Alternativlos“ gemurmelt?

Und ja, ich lese weniger Bücher als früher. Aber wenn ich in der U-Bahn Bücher lese starre ich (hier bitte je nach Position die Stirn runzeln) auf mein Smartphone.
E-Books und so.

Und ganz ganz ganz unter uns: In den 80ern haben wildfremde Leute – wenigstens in Hamburg – auch eher sehr selten angefangen sich zu unterhalten, weil sie in der U-Bahn zufällig nebeneinander sitzen durften.

Doppelleben on-/offline

Führen wir nämlich. Online sind wir wer, offline eher weniger. Oder so.
Wir teilen hier – also hier online – Dinge, die eigentlich keine Sau interessieren. Fotos von unserem Essen zum Beispiel. Selfies mit irgendwie gestelltem Inhalt, und überhaupt vor allem das, was den Eindruck erweckt, dass unser Leben aus Höhepunkten besteht, heißt es da.

Wenn ich mich in meinem „Netzwerk“ so umgucke, ist das mit den Höhepunkten so eine Sache.

Am Wochenende gehen viele von uns (ja, wirklich, fast alle) zum Fußball. Also raus, an die frische Luft. Und die, die nicht hingehen, gucken es vielleicht im Fernsehen. Und danach gehen einige – oder andere – mal Abends raus. Oder gucken halt Schlag den Raab oder den Tatort. Und sonst sitzen wir halt in unseren Büros oder Zimmern, machen, was man eben so macht, tagsüber.

Was man auch früher so machte.

Und nebenher freuen wir uns darüber, dass wir für 3 Minuten rausgucken können, mehr sehen können, als den Innenhof des Bürohochhauses, dass wir für 3 Minuten mit Bekannten, Freunden, Kontakten klönen können.
Über die kaputte Kaffeemaschine, das mistige Wetter, die nervige Telefonanlage oder das Leben als solches.

Höhepunkte? Das meiste sind wohl eher Tiefpunkte. Und das weiß auch jeder von uns. „Sitze mit Migräne am Schreibtisch, krieg nix zustande. Will auf’n Arm.“

Und – das ist jetzt total überraschend – die meisten von uns reden trotzdem noch mit ihren „offline“-Kollegen, ganz ohne dabei auf das Smartphone zu starren.

Und jetzt wird es wirklich krass: Einige Kollegen sind auch bei Facebook und dann kommt es vor, dass wir persönlich über da geteilte Links, Ansichten oder sonstwas reden. Ganz oldschool, sozusagen.

Die große Illusion

Außerdem ist dieses Online-Ding ja alles nur eine große Illusion. Wir sehen von unserem Online-Umfeld nämlich nur das, was sie uns mitteilen wollen. Nur die gelungenen Küchenexperimente, nur die hübschen Fotos, nur die Erfolge.

Erstens und überraschenderweise ist das doch im direkten RL-Kontakt exakt wie beschrieben. Nehmen wir einfach mal „Bekannte“ – die erzählen mir ziemlich selten, dass sie gerade gestern Genitalherpes hatten. Oder in einer schlimmen Lebenskrise sind. Eigentlich eher gar nicht.

Gute Freunde vielleicht. Aber wie viele gute Freunde hat Mensch so zeitgleich? Zwei? Drei? Vielleicht Fünf? Und wo steht eigentlich, dass man in diesem Online keine guten Freunde kennenlernt?

Iin meinem Umfeld erzählen es online dann übrigens auch weniger gute Freunde.
Weil viele sich online eher trauen, weil dieses Distanz-Ding zwischen uns es einfach auch leichter macht sich zu öffnen.
Und weil das da so viele tun, ist es für andere auch leichter. Weil das so viele tun, ist es zudem ja auch noch so, dass man sich näher kommt.
Weil man plötzlich die Untiefen von anderen kennt. Nicht von allen, aber von einigen. Von denen, die sich einbringen. Vertrauensvorschuss und so.

Illusion? Ja, bestimmt, ich kriege online nur das mit, was andere mit mir teilen wollen. Aber irritierender Weise teilen ganz viele ganz viel mit mir. Wollen teilen. Und zwar nicht nur Essensfotos und „Höhepunkte“.

Endloses chatten

Also wenn man sich nicht quasi zwei Tage, nach dem man sich online kennenlernte mindestens anruft, ist alles Mist.
Weil chatten zeitaufwändig ist. Und – siehe oben – die große Illusion. Weil wir gar nicht wirklich das Gegenüber kennenlernen, sondern nur ein Zerrbild, durch einen Instagram-Filter.

Auch hier wieder: Was man beim Chatten so alles nebenher mitbekommt. Voneinander, übereinander. Bis sich „in Echt“ so viel Vertrauen aufbaut, dauert es viel länger. Weil man von Anfang an viel mehr zu verlieren hat. Jemanden in meinem Chatnetzwerk, den ich lose kenne, kann ich evtl. durch komische Gedanken oder Gefühle abschrecken, tjanun. Hat nicht gepasst. Aber das eingeschränkte „echte“ Umfeld? Hui. Wenn die weg sind… naja. Der Aufwand, da draußen überhaupt so nah an jemanden ranzukommen, dass man ihm mal was intimeres als die Lieblingsfarbe verrät ist einfach so unfassbar viel größer.

Und das Blöde ist doch: Genau deshalb entwickeln sich online so viele und so gute Freundschaften.
Weil ich nach zwei Wochen Dinge weiß, die ich bei Kontakten von „draußen“ nach zwei Jahren das erste Mal vage und durch die Blume erfahre.
Weil man sich zum Teil nach zwei Wochen vertraut, und dieses Vertrauen rechtfertigt. Und weil sowas eben auch sehr wichtig für eine Freundschaft sein kann. Nochmal:  Vertrauensvorschuss und so.

Ich weiß gar nicht, wie viele (sehr viele) Leute ich inzwischen „im echten Leben“ kennengelernt habe, die ich vorher „nur“ über diverse Online-Netzwerke kannte. Aber die Fälle, wo diese Menschen wirklich großartig anders waren, als meine Erwartung an sie, die kann ich an einer Hand abzählen.

 

Das große Missverständnis

„Die wertvollen Momente, an die wir uns später erinnern. Die Augenblicke, auf die es ankommt, finden nun mal statt, wenn Menschen sich begegnen. Das sind die Dinge von Bestand.“

Ja, klar. „Augenblicke, wenn Menschen sich begegnen“.

Aber man sollte sich einfach mal davon lösen, den Begriff „Begegnen“ immer nur physisch zu denken.
Ich kann Menschen begegnen, weil ich mit ihnen chatte, mit ihnen telefoniere, weil wir uns treffen, ob nun in einer Kneipe, beim Fußball oder in einem Chatroom. Begegnen ist doch eigentlich nichts weiter, als Gefühle austauschen. Wie auch immer das dann konkret abläuft.

Keinen Monat her hatte ein Twitter-Freund seinen fünfzigsten Geburtstag. Und eine gemeinsame Freundin hatte eine Idee, die am Ende ziemlich vielen Menschen nicht nur verdammt viel Spaß gemacht hatte, sondern auch dazu führte dass die Deutsche Krebshilfe sich über eine ganze Reihe von Privatspenden freuen konnte.

Und ja, ich behaupte einfach mal, dass das für viele der Beteiligten ein „Augenblick auf den es ankommt“ war. Online.
Ohne sich in die Augen zu sehen. Ohne dass sich alle persönlich kennen. Einfach, weil es was gemeinsames war. Was emotionales.

Nebenan spült es gerade den DancingMan durch das Internet. Auch so ein „Augenblick auf den es ankommt„, den es ohne all das hier gar nicht gegeben hätte.

Das große Missverständnis ist für mich ein ganz anderes:

Die Annahme, dass es keine Überschneidungen gibt.

Dass Online und Offline getrennt voneinander existieren und die beiden Ebenen nichts miteinander zu tun haben.

Dass sich alle immer und überall verstellen, solang sie es können.
Dass sie das nicht können, wenn sie einem Gegenüber sitzen.
Und dass deshalb „sich gegenüber sitzen“ wahrhaftiger wäre.

„Man sagt ja, man soll sich einfach nur vorstellen, einem läuft die Liebe seines Lebens über den Weg, aber man nimmt sich nicht wahr, weil man mit konzentriertem Blick auf sein Smartphone schaut. Kein Bild symbolisiert die Gelegenheiten, die wir verpassen, besser.“

Stimmt. Hätte ich stattdessen mit konzentriertem Blick auf einen Roman von Dostojewski geschaut, wäre das natürlich viel besser.

Es gibt wirklich mehr als genug Beispiele. Genug Menschen denen die Liebe ihres Lebens online über den Weg lief. Bei Twitterfacebooksonstwo.

Man stelle sich vor, einem läuft im Internet die Liebe seines Lebens über den Weg, und man läuft an ihr vorbei, weil es ja „nur online“ war.

Monika, och…

Stellen Sie sich die folgenden Zeilen bitte ungefähr im Tonfall von Sophia Petrillo von den Golden Girls vor.
Also im „Sizilien, 1932…“-Tonfall.

Hamburg, 1983 (oder so)…

Wie das so ist, fing die Schule an.

Also nicht irgendwann um 8 Uhr morgens, sondern Lebensphasenstyle-irgendwann mit ungefähr sechs Jahren.

Natürlich auch beim kleinen Curi. Und nein, nicht was Sie jetzt mit „kleiner Curi“ assoziieren, sondern einfach nur der junge Junge C.

„Irgendwann“ war 1980. Und Schule war zunächst „nur“ Vorschule. Aber mein bester Kindergartenfreund kam bereits in die erste Klasse und der kleine Curi wollte dann wohl auch. Dringlich.

Irgendwann dann eben Grundschule und Mittelstufe und Oberstufe und Zivildienst und Uni und Leben und so… aber ich schweife ab.

Da unsere Lehrerin Frau R. bereits älter und körperlich etwas eingeschränkt war gab es für uns in den ersten zwei Jahren der Grundschule keine Klassenfahrten. Frau R. wollte sich das alles nicht zumuten, und damals war das dann wohl noch so. Frau R. hielt es wohl auch für keine allzu schlechte Idee, uns bei ungehorsam auf die Finger zu schlagen, von daher war es vielleicht auch sonst keine allzu schlechte Idee, nicht mit Frau R. länger als nötig in einem Raum…

Aber wie das so ist in dem Alter, ich liebte sie heiß und innig.
Und dann wurde sie krank und wir bekamen eine Vertretungslehrerin. Frau C.

Die mochte ich nicht. Meine Mutter erzählt heute noch gern, dass ich Frau C. die Schuld daran gab, dass Frau R. nicht mehr zu uns in die Klasse kam. Die frühkindliche Version von „die kommen und nehmen uns den Job weg“, fürchte ich.

Zum Glück bin ich heute etwas älter und reifer und überhaupt.

Frau C. jedenfalls fand dann, damit wir uns alle, sie und ich und der Rest der Klasse, besser kennenlernten, wäre doch eine Klassenfahrt – meine erste Klassenfahrt – eine großartige Idee.
Ich war da zum Einen etwas gestresst, weil ich dank einer schweren – bei einem Aufenthalt bei meiner Großmutter ausgebrochenen – Scharlacherkrankung den Kausalzusammenhang „Nicht zu Hause schlafen => Krank“ gefunden und deshalb eine gewisse Skepsis gegenüber einer Woche im gefühlten Ausland hatte. Zum anderen etwas gestresst, weil das ja auch hieß, dass ich mit meiner Sandkasten-Grundschulenflamme Monika unfassbar viel Zeit verbringen könnte.

Monika wusste naturgemäß nicht, dass sie meine Flamme war – Sie kennen das. Ich war 8 oder 9 und irgendwie wäre ich wohl auch völlig damit überfordert gewesen, hätte sie es gewusst (oder gar die kindliche Zuneigung erwiedert)…

Strenggenommen sprachen wir meiner Erinnerung nach nicht miteinander. Damals – jedenfalls bei uns in der Schule – sprachen Jungs und Mädchen nicht viel. Eine Art selbst auferlegter Geschlechtertrennung, die erst zum Ende der Grundschule durchbrochen wurde.

In meinem Kopf war Monika jedenfalls großartig. Rote Haare (!), Sommersprossen, ein mich irgendwie beeindruckendes Lächeln.

Nun denn. Die Planung zur Klassenfahrt lief, irgendwie mussten Dinge organisiert werden, die dazu führten, dass Frau C., meine Eltern, und die Eltern der Mitschüler die ich so mitbekam, aktiver waren, als sonst. Der Aufregungspegel in der Klasse wuchs quasi täglich, und die Wartezeit auf die Klassenreise (ich schätze sie auf 2-3 Wochen, die ich davon als Wartezeit erlebte) zog sich unfassbar lang. Das betrachtet man als 8 Jähriger halt auch noch mit anderen Maßstäben.

Am Vor-Vorabend… also am Vorabend des Tages vor der Klassenreise – Abends war ich damals nämlich schon im Bett – gab es dann noch ein letztes Treffen der betroffenen Klasse, der Eltern und natürlich Frau C.
Ich erinnere mich düster, dass ich in einer, in meiner Ecke der Klasse rumsaß und irgendwie keine Lust hatte.
Ich erinnere mich auch, dass Monika nicht da war. Aber das waren auch andere. Wie üblich hatten nicht alle Eltern Zeit oder Lust oder es irgendwie für nötig befunden, sich zu versammeln. Ich glaube, das ist heute alles sehr anders. Auch was die Disziplinierung von ausscherenden Eltern angeht.

Und dann war es früh Morgens irgendwann 1983 im Spätsommer. Oder so. Die Klasse versammelt sich, entert den Bus. Also den Nahverkehrsbus. Die Reise führte uns von der Stadtteilgrenze Bahrenfeld/Ottensen nämlich ins unfassbar entfernte Rissen.
Drei Jahre später fuhr ich diese Strecke mit dem Fahrrad in ungefähr einer Dreiviertelstunde.

Diese Weltreise also begann banal im 188er Bus des HVV. Ich vermute ganz stark, dass wir bis Altona fuhren, dort in die S-Bahn umstiegen, nach Rissen fuhren und dort… keine Ahnung mehr.

Jedenfalls erreichten wir das Heim, irgendwo im Wald, stürmten die beiden großen Schlafsäle (Mädchen und Jungen getrennt versteht sich), und machten, was man in dem Alter wohl so macht. Balgten uns um die Betten, und mussten diese dann beziehen. Selbsttätig. Etwas, worauf meine Mutter mich akribisch vorbereitet hatte. Ich war wohl etwas… nun sagen wir skeptisch gewesen, ob ich das wohl allein… Mamajob… die Decke so riesig und der kleine Curi eben noch so klein und hilflos.

Ging dann aber. Ich weiß heute noch, dass ich es als persönlichen Sieg empfand, dass ich die Decke mit Hilfe von Sicherheitsnadeln irgendwie bezogen bekam, und dass auch das Bettlaken sicher auf dem Bett äh… war.

Wir liefen raus, erkundeten das Gelände, Frau C. wachte bestimmt über allem, aber an sie erinnere ich mich nicht mehr.

Tischtennisplatten! Steinerne. Die mit dem Metallnetz. Kein Profiequippement. Ja, wir waren eine nörgelige dritte Klasse. Egal. Was man dann so spielte bei uns hieß „Runde“. Also alle Jungs an einer Platte, nach der Ballberührung wanderte man um die Platte und der nächste in der – ich möchte „Polonäse“ schreiben – war dran. Wer den Schlag versemmelte war raus. Das Spiel wurde also je länger es dauerte dynamischer, weil natürlich immer weniger um die Platte rannten.

Es wurde wohl düster, Frau C. wies sicherlich in pädagogisch sinnvoller Form darauf hin, dass die jungen, sportlichen Herren sich so langsam mal dem Abendessen widmen mögen. Aber zackig.

Mehr oder weniger zivilisiert enterten wir den Essens-Saal und besetzten die lange Tafel. Auf der einen Seite die Jungs, auf der anderen die Mädchen. Bzw. zunächst niemand, weil die Mädchen offenbar noch gar nicht vor Ort waren.

Erhaben saßen wir dort, warteten auf unsere Gegenüber, und machten, was achtjährige Jungs eben so machen. Denke ich mir. Dann stürmte die weibliche Hälfte der Klasse herein und setzte sich. Ich weiß, dass ich plötzlich dachte, es sei doch super, wenn sich Monika mir gegenüber setzte.

Sekunden später saß Nicola vor mir.

Diese Enttäuschung ist bis heute in mir. Und sie wurde nicht kleiner, als ich begann mich zu wundern, wem gegenüber Monika denn wohl sitzen würde.

Monika nämlich saß nirgendwo.

Wie sich herausstellte, war Monika überhaupt nicht mitgefahren. Und es war wohl auch nie geplant gewesen.

An diesem Informationsdefizit meinerseits merkt der geneigte Leser wohl, wie viel wir sonst miteinander kommunizierten.

Der Rest der Woche verging irgendwie, ich weiß nicht mehr wie, die Enttäuschung beim Abendessen ist die letzte Erinnerung, die mir präsent ist.

Ob die fehlenden Erinnerungen nun Folge der Traumatisierung sind? Die mir aus dem Herz gerissene Flamme, meine zukünftige Gemahlin und Gefährtin, Partnerin bei dem, was Paare wohl so machen (nicht, dass ich seinerzeit eine Idee gehabt hätte, was das sei) und so weiter… Nicht da. Nicht bei mir. Oder ob das doch nur am Alter (also am heutigen. An meinem) lag, nun. Bilden Sie sich eine eigene Meinung.

Die Woche – ich erwähnte es – verging also. Wir kehrten heim. Und Tags darauf war Monika nicht in der Klasse.
Auch am Tag darauf nicht.
Und am Tag darauf.
Oder darauf.
Oder am folgenden Tag.
Auch nicht am nächsten Tag.

Möglicherweise sind die Tage in der Aufzählung durch ein Wochenende unterbrochen. Der lyrischen Dramatik wegen erlaube ich mir allerdings, das auszublenden.

Wo war ich? Monika war fort. Verschwunden. Hatte die Schule gewechselt. Nicht, dass mir das mitgeteilt wurde, aber muss sie wohl, schließlich kam sie am Tag darauf auch nicht (gut, es wird langsam etwas eintönig).

Das erste Drama meines noch jungen Lebens. Die große Liebe verschollen.

Nun. Tischtennisplatten hatten wir auf dem Schulhof auch. Ich spielte also weiter mit den Mitschülern „Runde“.

Nur Monika. Och…

Jahre später sah ich aus dem Bus heraus ein gleichaltriges Mädchen, das ungefähr aussah wie Monika in dem Alter dann wohl ausgesehen haben mag. Ich lächelte sie aus dem Bus an. Das ging dann mit 13 oder so etwas leichter als mit 8. Auch dank der dicken Glasscheibe zwischen uns.

Monika schaute …

…am Bus vorbei und verschwand im Altonaer getümmel.