Beim Werbeblogger fragt man sich gerade, was für die jeweiligen Leser gute Werbung ausmacht.
Von den beiden dort vorgestellten Prototypen („Kreativer“ vs. „Berater“) bin ich ja rein formal als hauptberuflicher Werbewirkungsforscher ziemlich deutlich den Beratern zugeordnet. Unterstelle ich mal. Damit kann ziemlich gut leben.
Aber was macht für mich nun gute Werbung aus?
Mir fällt es einfacher zunächst zu beschreiben, was für mich schlechte Werbung ausmacht.
- Schlechte Werbung erfüllt in unlustiger Art Klischees.
- Schlechte Werbung wirft mit Bildern und Headlines um sich die keinen Bezug zueinander oder noch schlimmer, keinen Bezug zum Produkt haben.
- Schlechte Werbung müssen mir die Teilnehmer an unseren Befragungen erklären (schon mehrfach passiert: man bekommt eine Kampagne zum Testen auf den Schreibtisch, versucht beim Kunden heraus zu bekommen, was das Ziel ist, was die Anzeigen aussagen etc.. Aber der Kunde hat keine Zeit, also geht’s halt ohne die Info los. Fragebogenabstimmung ist in der Regel eh eher Produktbezogen. Während der Auswertung liest man sich dann mal die offenen Statements der Teilnehmer durch. Einer von denen schubst dann teilweise einfach den Groschen über die Klippe). Alternativ starrt man eine Minute oder länger auf die Anzeige bevor man versteht wo eigentlich der Zusammenhang zwischen den Elementen des ganzen liegt. Genau solche Motive, wo jeder Kollege eine andere Idee hat, worum es eigentlich geht.
- Schlechte Werbung verzichtet darauf die eigene Marke offensichtlich genug zu erwähnen. Das ist besonders dann hilfreich, wenn auch noch ein Partnerlogo mit abgebildet wird (das dann meist gut sichtbar ist). Natürlich wirkt es stylisher wenn die Anzeige nicht mit Markennennungen voll geräumt ist. Aber wer sich mal in die Position des desinteressierten Zielgruppenlemmings versetzt merkt finde ich immer recht schnell, dass halt so nichts hängenbleiben kann außer „aha, eine Anzeige von $Partner“.
- Schlechte Werbung ist überheblich. Es gibt Anzeigen bei denen man das Gefühl hat, der Anbieter stelle sich über die Zielgruppe. Schaut von oben herab.
Genug gelästert 😉 .
Was ist dann gute Werbung?
Sicherlich macht gute Werbung die oben angesprochenen Fehler erst mal nicht. Das hilft schon 🙂 .
- Gute Werbung ist visuell auffällig. Fragt euch nach dem Wartezimmerbesuch beim Arzt mal, welche Anzeigen aus den durchgeblätterten Magazinen bei euch hängen geblieben sind. Beispiel: Ich sitze jetzt gerade in der U-Bahn und schaute eben auf einem Bahnhof aus dem Fenster. Citylights. Zwei Motive nebeneinander.
Plakat 1: Irgendein Film, relativ düster gestaltet, Farbton grün/schwarz. Abgebildet irgendein (für mich) austauschbares Gesicht. Headline/Filmname in dunklem violett. „Kunstvolles“ Schriftbild, also relativ mühevoll zu entziffern.
Plakat 2 daneben: Easyjet. Klare Gestaltung. Orange als Grundfarbe, darauf weiße, einfach zu lesende Schrift. Irgendein Bildmotiv an dass ich mich nicht erinnern kann.
Gemerkt? Ich erinnere mich an Easyjet, aber nicht an den Film. Auffälligkeit ist also wichtig. Gerade im Winter vor grauen Hintergründen kommt so was einfach besser.
- Gute Werbung sagt, was sie sagen will, aber schnell: Wieder eine U-Bahn-Station. Wieder ein Plakat, auf der linken Hälfte des Plakats: Oben ist eine Produktverpackung für Bonbons abgebildet. Darunter zwei Worte: „extrem lecker“.
Klasse. Mehr muss ich unter Umständen gar nicht wissen.
- Gute Werbung gefällt der Zielgruppe. Es hilft am Ende wenig, wenn die Agentur und der Anbieter eine Kampagne klasse finden, aber diejenigen, die später das Produkt kaufen sollen, sich von der Kampagne überhaupt nicht angesprochen fühlen.
- Gute Werbung kann definitiv auch kreativ sein 🙂 . Nächstes Plakat: Ein fliegendes Flugzeug von hinten, von den Turbinen auf den Betrachter zu sieht man eine endlose Reihe von schwarzen Müllsäcken. Oben in der Ecke steht „Greenpeace“. Gefällt mir, ist einfach zu verstehen und wie ich finde durchaus kreativ.
Aber bin ich Teil der Zielgruppe? Was sagt die dazu?
Gute Werbung muss mir persönlich nicht gefallen! Sie muss funktionieren, Die Zielgruppe erreichen, ansprechen, dort hängenbleiben, motivieren.
Und das lässt sich eben nicht auf ein Patentrezept herunter brechen. Das muss bzw. sollte man eben Testen. Und ja, damit verdienen Menschen wie ich ihr Geld. Aber das ganze ist ja kein Selbstzweck. Ich bin schlicht davon überzeugt, dass nur durch Testen wirklich erkennbar ist, was gute Werbung ist.
Aber die Diskussion über die verschiedenen Herangehensweisen verschiebe ich dann auf ein anderes Mal.