Heute in Hamburgs Innenstadt diversen Autos unter den Scheibenwischer geklemmt: Vermeintlich handgemalte Schilder mit einer – nun ja – sehr ungewöhnlichen Beschriftung:
„Zu Verkaufen für € 500,-“
Der Clou dabei war, dass es vor allem etwas höherklassige PKW betraf. Da waren dann SUVs genauso mit dem Schild belegt, wie der Jaguar der hier auf der Strasse immer mal wieder parkt. Also wirklich teure Autos.
Und nicht ganz dezent steht auf dem Schild dann eben auch der URL um den es dann eigentlich geht (hier bewusst nicht verlinkt. Wer möchte kann sich den Link ja von den Fotos abschreiben).
Mich hat das zugegeben doch neugierig gemacht, und trotz versuchter Selbstbeherrschung hat am Ende meine Neugierde gesiegt und ich habe mir die Site mal angesehen.
Lohnt nicht.
Hinter dem URL verbirgt sich zunächst eine Seite, auf der lauter Fotos von Autos, Flugzeugen etc. mit niedrigen Preisen versehen sind. Soll wohl suggerieren, dass alles da billig wäre, oder billig zu haben ist. Man kann auch auf Navigationselemente Klicken, die Beschriftungen wie „Luxusyacht“, „Privatjet“ etc. haben.
Ein Klick egal wohin führt einen dann aber immer direkt auf den Bereich, um den es eigentlich geht:
Eine Auktionsplattform für Lebensversicherungen.
Da das überhaupt nicht meine Baustelle ist, kann ich zu dem ganzen Produkt erst mal nichts weiter sagen. Aber auf mich wirkt die ganze Aktion dann doch hochgradig unpassend.
Was genau passiert da?
Durch die Aktion wird zunächst ja nur ungesteuerte Neugierde generiert. Ich unterstelle, dass nahezu jedem der diese Schilder sieht sehr schnell klar wird, dass es eben nicht um das unglaublich günstige Angebot geht, das jeweilige Auto zu erwerben. Allein dadurch, dass gefühlt jedes zweite bis dritte Auto in den betroffenen Strassen so ein Schild bekommen hatte. Also haben wir überwiegend ungelenkte Neugier. Und die ganz neugierigen schauen sich dann eben die Seite an. Nur: Das ist ja dann dermaßen Zielgruppenunspezifisch, dass sich fast alle nach einem Blick auf die Website abwenden und maximal ärgern dürften Zeit verschwendet zu haben. Und diejenigen, die auf den Schwindel reinfallen („Oh, ein Auto für 500 Euro?“) dürften erst recht verärgert sein. Immerhin bekommen sie dort genau das, was sie auf der Website wollen nicht.
Am Ende handelt es sich dann ja auch noch um ein Produkt, dass – für mich wenigstens – wesentlich von der Seriosität des Anbieters lebt.
Finanzdienstleistungen kaufe ich bestimmt nicht bei jemandem der mich durch völlig falsche und themenfremde Statements auf seine Website gelockt hat.
Ich meine – ich habe die Seite ja gar nicht mit der Intention angesurft, dass ich da für 500 Euro ein Auto kaufen wollte, ich war schlicht neugierig. Und wenn sie da jetzt Sportschuhe, eine Autowerkstatt oder sonst was vermarktet hätten – meinetwegen, die Bekanntheit kann man so sicher steigern. Irgendwas, mit Bezug zu dem Gebiet wo man die Schilder gesehen hätte, auch gut.
Aber Lebensversicherungen?
Ersteigern?
Quasi gebrauchte?
Dafür mag es sicherlich einen Markt geben, aber noch mal: Das macht man doch nicht weil man über so eine Aktion auf der Seite gelandet ist (Die dann auch irgendwie noch wie eine Glücksspiel-Seite ausschaut). Naja, immerhin eine interessantere Aktion. Auch wenn ich nicht wissen will, wie die Autobesitzer reagieren, wenn sie das Schild finden. Ob das noch positive Publicity ist, stelle ich einfach mal zur Diskussion.
Wie ist das eigentlich legal? Ist Unter-Den-Scheibenwischer-Werbung überhaupt erlaubt? Gibt ja auch weniger schräge Aktionen (Pizza-Service, Gebrauchtautoläden etc.). Dürfen die das überhaupt?
Wirkt irgendwie so, als hätte da jemand eine Idee gehabt, aber das falsche Projekt.