Vor 9 Jahren…

So ungefähr 20 Jahre meines Lebens bin ich inzwischen St. Pauli-Fan.

20 Jahre Aufs und Abs.

Zwei selbst miterlebte Aufstiege in die Bundesliga: Gegen Homburg und gegen Nürnberg.
Der erste begleitet von 1000en Fans, die direkt am Feld standen. Von der Ungewißheit, ob wir trotz 5:0 gegen Homburg, bei wunderschönem Sommerwetter, vielleicht doch nicht aufsteigen. Nicht aufsteigen, weil irgendwie, irgendwer das Spiel annulieren, uns die Punkte aberkennen könnte. Der zweite gefeiert auf dem Heiligengeistfeld, während das Team in Nürnberg spielte. Das entscheidende Tor durch Deniz Baris. Public-Viewing in seinen Anfängen.

Drei Abstiege in Liga 2, der erste davon sogar noch in der Relegation gegen die Stuttgarter Kickers.
Nach zweimal 1:1. Im Entscheidungsspiel in Gelsenkirchen (und dann wundert man sich, dass ich Schalke nicht leiden kann).

Ein Abstieg in die dritte Liga, nur ein Jahr nach dem Abstieg aus der Bundesliga. Durchgereicht werden.
Und natürlich der Aufstieg in die zweite Liga vor zwei Jahren.
Am vorletzten Spieltag gegen Dynamo Dresden schon alles klar gemacht. Jubelnd auf dem Spielbudenplatz.

Davon 14 Jahre mit Dauerkarte. 14 Jahre, in denen ich nahezu jedes Heimspiel gesehen, erlebt habe. Alles in Allem wohl irgendwo zwischen 250 und 300 Spielen am Millerntor. Nach vier Jahren Auszeit in der kommenen Saison dann wieder mit Dauerkarte. Ich freu mich drauf.

Aber trotz dieser Unmenge an Spielen, eines sticht heraus. Eines, das ich mit so vielen Emotionen verknüpfe, wie kein anderes. Eines, nach dem ich im Stadion mehr als nur eine Träne verdrückte. Eines, bei dem die Anspannung größer war als bei allen anderen.

Der emotionalste Moment meiner Fußballleidenschaft, jetzt, vor fast genau 9 Jahren.

26. Mai 2000 gegen 20:45.
FC St. Pauli – Rot-Weiß-Oberhausen.
90+ Spielminute.
Torschütze zum 1:1: Marcus Marin.
Vorarbeit: Ivan Klasnic.
Klassenerhalt in Liga 2.

Stammplatz mit Steuermann

…oder wie heißen diese Paddelboote?

Achter.

Genau. Damit ist im Prinzip die vergangene Zweitligasaison für den FC St. Pauli schon sehr treffend zusammengefasst. Mit einigen Ausrutschern nach oben (und der Hoffnung Angst, man könne evtl. um die Bundesligaqualifikation mitspielen) in der Vorrunde.
Aber so eigentlich?

Achter.

Gefühlt die komplette Rückrunde, nie wirklich mit Gefahr  von unten (super, ich kann mich an keine so entspannte zweite Saisonhälfte in der zweiten BL erinnern), nie wirklich reelle Chancen nochmal oben anzuklopfen. Klar, viel geärgert über sinnlos liegen gelassene Punkte (in Frankfurt, in Wiesbaden, in München, in … der geneigte Leser weiß es längst – Auswärts ist nicht so unsers). Viel gefreut über mehr oder weniger gute Heimleistungen. Viel Spaß gehabt am Millerntor und einen neuen Platz im Stadion gefunden (Südkurve). Nach Nordkurve links, Nordkuver mittig, Gegengerade Links, Gegengerade rechts, Gegengerade mitte und – wenn man die zwei oder drei Mal mitzählt, die ich dort danach saß – Haupttribühne links – mein Achter “Stammplatz” im Stadion übrigens. Ja, ich bin in knapp 20 Jahren St. Pauli viel gewandert.

Achter.

Immerhin ein Platz besser, als letzte Saison. Und wenn man die Verläufe übereinanderlegt sieht man, dass viel mehr als nur ein Tabellenplatz dazwischen liegt, sondern eine im Durchschnitt wesentlich entspanntere, souveränere Saison. Saisonziel also mit Bravour erreicht: Besser als letzte Saison abschneiden. Danke dafür!

Seit Neuestem dann auch noch mit dem richtigen Trainer – Stani hat seinen Schein gemacht und ist – nein, nicht Achter – Jahrgangsbester. Gratulation dazu, auch wenn es ein paar Tage her ist. Als einziger der bereits in Clubs angestellten Trainerazubis übrigens seinen Job behalten. Und dann Jahrgangsbester. Respekt. Hoffen wir, dass die Theorie uns nächste Saison auch in die Nähe eines Jahrgangsbesten bringen.

Unser Steuermann.

Ich will ja nach wie vor in die erste Liga. Will gegen den HSV spielen, statt gegen Ingolstadt. Bei Bayern verlieren, statt bei 1860. Und mal wieder eine Saison mit zwei Siegen gegen Hoffenheim, hätte auch was 😀 (wobei, mit etwas Glück steigen die ja nächste Saison schon wieder ab, vorstellbar ist es).

Aber wer weiß schon, was passiert. Nächste Saison Ist immerhin das achte Jahr seit dem letzten Bundesliga-Abstieg.

Und wenn es nächstes Jahr um was geht, bin ich auch wieder enthusiastischer bei der Sache. Das was die Vorstädter da gemacht haben, war schon ganz großes Hochspannungskino. Mit so nem Finale aufsteigen, nächste Saison? Zum Hundertjährigen?
Hätte doch was!

Und wenn wir danach Achter würden? Gar nicht auszumalen.

Darum bin ich nämlich eigentlich Fußballfan. Stress, Spannnung, Angst, Zittern, Panik, Jubel, Freude, Euphorie. Nicht Achter. Nicht Entspannung.

Für das zweite Jahr zweite Liga ist Achter beachtlich. Mehr aber auch nicht. Und nach einer entspannten Saison wäre mir Spannung im nächsten Jahr  ganz recht.  Dann vielleicht zwei(t)er mit Steuermann? Wer weiß!

Strategische Niederlagen

Manchmal – so ungefähr einmal alle 5 Jahre – gibt es ein Spiel bei denen ich es sogar irgendwie ganz gut finde, wenn meine Mannschaft verliert. Das sind so Spiele, bei denen ich mir wirklich sicher sein kann, dass ein Sieg des FC St. Pauli auch nichts ändern würde, aber eine Niederlage vielleicht schon. So war das dann heute wohl mal einer dieser Spieltage. Da ich nicht gegen meine Mannschaft sein kann, habe ich heute das Spiel einfach mal gepflegt ignoriert. Im Wald ein Buch lesen, war der Plan. Dass mir dann Regen dazwischen kam ist zwar unschön, tut hier aber eigentlich nix zur Sache!

Warum also sollte mein Club heute verlieren?

Der eine oder die andere erinnert sich vielleicht noch an unsere besonderen Freunde von der Ostseeküste (Nein, nicht Kiel, nicht Lübeck, Rostock…). Ich hab damals ja was über das 3:2 geschrieben, und wer mag möge mal einen Blick auf die Kommentare werfen…

Also die besondere Zuneigung die wir Rostock entgegenbringen, wird ooffensichtlich geteilt. Was liegt da näher, als sich irgendwie zu wünschen, dass wir unsere spezielle Beziehung nicht noch ein weiteres Jahr in der Praxis ausleben müssen?

Also hoffe ich natürlich, dass Rostock absteigt. Damit das passieren kann, müssen aber auch die Rostock in der Tabelle umgebenden Teams mal gewinnen.
Nun liegt St. Pauli sicher auf dem 8. Platz, nach oben geht eigentlich nix, und nach unten auch nicht, es sei denn Oberhausen holt am letzten Spieltag auf die Schnelle 6 Tore auf. Dann wären wir nur noch 9. Auch nicht wirklich die Katastrohpe (abhängig davon, wie die anderen Spiele da unten am nächsten Sonntag ausgehen, kann es durchaus sein, dass ich ein bisschen für Frankfurt bin… gleiche Argumentation wie heute). Also konnte ich heute ruhigen Gewissens ein bisschen für Koblenz sein, und – siehe da – St. Pauli machte das, was es auswärts eigentlich immer macht, verlor.

Wenn die doofen Osnabrücker gegen Ahlen gewonnen hätten, wäre es fast schon der optimale Spieltag gewesen, nagut, Nürnberg (Hallo? Aufstiegsplatz) hätte in Koggetown gewinnen können, aber immerhin wird es nächsten Spieltag nochmal spannend zu sehen,  wie sich die beiden auf fremden Plätzen schlagen. Wehen Wiesbaden – der Rostocker Gegner ist zwar irgendwie gefährlich schwach, aber hey, St. Pauli hat da auch verloren. Und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Lustiger Nebeneffekt der Ergebnisse heute: Fürth steigt wieder nicht auf. Schadeschadeschade… NICHT.

Mit Freiburg, Mainz und Nürnberg kann ich ganz gut leben, jedenfalls deutlich besser als mit Kaiserslautern oder Fürth. Und die Absteiger tun sich alle nicht so echt was, Wehen oder Ingolstadt sind mir einfach egal.

Mal gucken, was nächste Woche passiert. Vielleicht schafft Wehen-Wiesbaden es ja doch noch, mir eine Freude zu bereiten.