Südkurven-Dauerkarte-Quittungscoupon-Anstehen

Der Club meines Herzens macht es einem ja nicht ganz einfach an eine Karte zu kommen, besonders, wenn es darum um eine Dauerkarte geht.

Anders: Als ich irgendwann in der Regionalliga mit Freund J. beschloss, dass wir eigentlich mal – ob das sowieso nie wirklich ausverkauften Stadions – eine Saison von Kurve zu Kurve hoppen könnten und uns für eine Saison keine Gegengeraden-Dauerkarte mehr kauften, was das zumindest etwas… kurzsichtig. Schließlich war mit der Dauerkarte auch immer das Vorkaufsrecht für die nächste Saison verbunden. Lustigerweise entschied sich mein liebster FC St. Pauli in der darauffolgenden Saison dann plötzlich erfolgreicher und besser Fußball zu spielen und schaffte es dann auch noch aufzusteigen. Weggegangen, Platz vergangen. Naja, sooo wichtig war mir Fußball irgendwie auch nichtmehr, deshalb war das zu verschmerzen. Aber in den letzten Monaten wuchs doch das Bedürfnis wieder, im Stadion dabei zu sein. Sitzplätze kommen nicht in Frage, Wunschplatz Steh-Gegengerade (inkl. Vorkaufsrecht für die dann nächste Saison) ist mehr als nur unrealistisch, was bleibt? Stehplatz Süd. Das ist bei St. Pauli nämlich etwas “besonderes”. Die südkurve ist seit dem Neubau unsere “Ultrakurve”. Und um hier möglichst sangesfreudige, supportwillige Fans “hinzubekommen” wurde irgendwie die Idee entwickelt, hier die Ultras selbst die Verwaltung zu koordinieren (unter Vereinsaugen selbstverständlich). Das führt dazu, dass kein Vorkaufsrecht an die Dauerkarte gekoppelt ist und dass man nicht “einfach” ins Kartencenter marschieren kann, um sich die Karte zu kaufen, sondern dass man sich einem lustigen Prozedere unterwerfen darf.

Das geht im Detail so:

  • Organisieren eines Antrags. Diesen gibt es im Stadion oder im St. Pauli-Fanladen. Da ich ja keine Karte habe, mußte ich also zum Fanladen marschieren. Der ist sinnigerweise so gelegen, dass man wirklich glaubt die haben das Gebäude ausgewählt, das in St. Pauli den größtmöglichen Abstand zu allen vorhandenen S- und U-Bahnhöfen hat.
  • Abgeben des Antrags und Umtausch in eine Quittung, die zum Erwerb der Dauerkarte berechtigt. Entweder am 21.03 oder an den darauffolgenden Tagen im Stadion. Wobei aufgrund der begrenzten Kapazität der 21.03 schon nach einer guten Idee klang.
  • Erwerb der Dauerkarte im Kartencenter, irgendwann im Sommer.

Ich hab keine Ahnung, welchen Nutzen die ersten beiden Schritte haben. Den Antrag selbst gab es in deutlich größerer Zahl als es Tickets gibt, von daher war hier keine Knappheit und man konnte sich den gemütlich abholen (Ich hab ihn mir auch erst am letzten Donnerstag besorgt).

Das Abgeben bzw. Umtauschen des Antrags war dann klassisches First come, First Serve. Nur: Das hätte man doch auch gehabt, wenn man die Karten direkt verkauft hätte? Früher[tm] standen wir auch Stundenlang am Heiligengeistfeld für unsere Dauerkarten an. Und bekamen sie dann eben. Oder nicht. Aber warum ich JETZT dafür anstehen mußte, damit ich das im Sommer (warm, gemütlich, gerne draußen sein) nicht muß…? Naja.

Schlange vor der Südkurve 1. Anfangs des Schlangestehens

Schlange vor der Südkurve am Anfang des Schlangestehens

Jedenfalls stand ich dann gestern u.A. mit Frau @Jeky und Herrn @textundblog in der Schlange um den Antrag in eine Quittung umzutauschen. Etwas später stieß dann noch Herr @ring2 zu uns, so dass wir in munterer Twitter-/Online-/Blogger-Runde langsam aber sicher voran kamen.

Nochmal zu den Hintergründen dieser lustigen Schlangestehaktion: Die Ultras / USP verknüpfen damit die Hoffnung, junge, diesem Supportstil zugeneige Fans anzusprechen. Den Nachwuchs ins Stadion zu bekommen also. Wenn ich mich in unserer illustren Runde so umsah, muß man wirklich anmerken, dass diese Aktion unter dem Vorzeichen ein voller Erfolg sein dürfte. Sollten wir in der Formation bei einem USP-treffen auftreten, dürften wir den Altersschnitt mal eben um gepflegte 5 Jahre nach oben treiben. 😉 Wobei, wenn man sich so umsah in der Schlange, ich behaupten würde, dass nicht nur wir definitiv ausserhalb des Klischees, bzw. (unterstellt) Wunschbildes der Initiatoren bezüglich “Südkurvenfan” liegen. Im Forum wurde sich schon über “Werber mit iPhone” beklagt, die bestimmt nicht supporten würden. Na danke. Ich fühl mich jetzt einfach mal halb angesprochen. Vielleicht sollten diejenigen, die sich über sowas beklagen mal darüber nachdenken, was sie später beruflich machen möchten. Bestimmt ist “Tischler” oder “Sozialarbeiter” genehm. Und natürlich können auch nur solche Supporten. Sischer dat.

Nach ungefähr zwei Stunden anstehen näherten wir uns dann langsam dem Ziel, die Schlange hinter uns war zwar etwa genausolang, wie zum Beginn der Anstehaktion, aber das sollte unsere Sorge bald nichtmehr sein.

Schlange vor der Südkurve kurz vorm Ende des Schlangestehens

Schlange vor der Südkurve kurz vorm Ende des Schlangestehens

Beeindruckend treffsicher übrigens @textundblog, der am Anfang schätzte, dass etwa 1.000 Personen vor uns in der Schlange stünden. Als wir vor der Schleuse auf den Einlass warteten, wurde auf Nachfrage berichtet, dass bisher 1.090 Anträge abgegeben wurden. Ich hätte mich übelst verschätzt.

Naja, das Ende vom Lied: Ich hab meine Quittung und damit, wenn alles glatt geht, für die nächste Saison meine Dauerkarte Stehplatz Südkurve. Das ist dann auch sozusagen der nächste logische Schritt meiner Lebenslangen Stadionrunde. Aus der Nordkurven-Dauerkarte wurde mitte der Neunziger eine für die Gegengerade. Und nun steh ich also in der Südkurve. Mindestens für eine Saison. Irgendwann, als älterer Herr, wandere ich dann ja vielleicht doch noch rüber, auf die Haupttribüne. Das Leben als St. Pauli-Fan ist eben doch ein Kreis. Und die Anstehaktion war, dank guter Gesellschaft, dann doch eher lustig als sinnlos.

St. Pauli ‚til I die

Ich habs getan. Ich hab ja schon länger mal drüber nachgedacht, aber jetzt war ich wirklich da.

Ich war beim HSV-Spiel.

Nicht irgendeines, sondern immerhin so richtig international, UEFA-Cup, gegen Galatasaray Istanbul. Ich finde, das geht fast schon als Ausrede durch, oder? Ich mein es dauert halt auch noch mal gepflegte 2-3 Jahre, bis wir am Millerntor UEFA-Cup sehen können 😉 …Oder so. Und ich geb sogar offen zu, dass ich bei der Partie für den HSV war. Ja. War ich.
Ganz lieben Dank übrigens nochmal an Frau Pleitegeiger, die mir zauberhafterweise die Karte besorgt hatte.

Genug Formalia vorweg.

Ich saß in der Nordkurve, Block 26b, also äh..naja, fast mitten in den Hardcore-Fanplätzen. Irgendwie. Oder halt darüber. Unter mir direkt der Stehplatzblock.
Wobei meine Sitznachbarn mir nur zum Teil wie Fußballfans vorkamen. Zwischendurch hab ich ernsthaft überlegt, ob ich vor allem dem Grüppchen zur Linken erklären sollte, warum ich mich gerade über das Spiel aufrege.
Die äh.. “Beteiligung” ließ doch für meinen Geschmack zwischendurch eecht zu wünschen übrig. “Susi! Hast Du gestern  mitbekommen wie der Günther blablabla?”. Hallo?!? Fußball?!?
Die Stimmung war äh, beschränkt überschäumend? ich finde ja, dass solche Spiele für den Fan Feiertage sein sollten. Ist doch eben nicht gerade das vierte Saisonspiel  gegen Graue-Maus-Der-Liga-Truppen wie Schalke, Berlin oder Bochum…
Klar, als St. Pauli-Fan ist es leicht das zu sagen, für uns wäre ja schon UIC der Hammer gewesen, aber naja.. Jedenfalls war die Stimmung zurückhaltend-kritisch. Klar, die Heimmannschaft spielte gerade in der ersten Hälfte teilweise auch eher auf F-Jugend-Niveau (Alle auf den Ball, wenn der Gegner dann den Pass auf den freien Spieler schlägt verwirrt hinterhergucken und feststellen, dass 5 Spieler innerhalb von 10m² vielleicht etwas ungünstig aufgestellt sind), so dass ich verstehe dass die überschäumende Begeisterung nicht so richtig rauskommen wollte. Aber irgendwie fehlte mir von Anfang an das nach vorne Pushen des Teams. Und so ein gellendes Pfeifkonzert zur Pause habe ich bei St. Pauli glaube ich noch nie gehört. Und sicherlich nicht in einem solchen Spiel. Trotz schlechter Leistung hätte ich eher erwartet, dass hier eher Aufbäumen von den Rängen kam. Immerhin ging es halt auch nicht gegen Wehen-Wiesbaden. Aber okay, die Ansprüche sind wohl andere.

Zugegeben sehr cool finde ich, dass die Stellinger Ihren Stadionsong live präsentiert bekommen. Die Musik bei St. Pauli finde ich ja um längen besser, aber dass Lotto das da im Stadion singt, hat echt was.
Trotz des grusligen Liedes 😀
Zumal er einfach auch glaubhaft als HSV-Fan rüberkommt. Irgendwie halt was anderes als ne Plastikband mit nem Plastiksong in Sinsheim.

(Momente, in denen ich anfange darüber zu träumen, wie cool ein CL Halbfinale bei St. Pauli wäre. Mit ein bisschen äh.. aufpimpen 😉 AC/DC spielen live Hells Bells zum Einmarsch, Blur performen bei unseren 4-6 Toren Song 2… Und nach dem Spiel rocken wir den Kiez.). Ja, mir geht’s gut.

Aufgefallen ist mir, dass der Spacken-Anteil im Stadion echt unauffälig war. Gerade gegen ein türkisches Team hab ich eigentlich fast idiotische oder auch rassistische Sprüche erwartet, das HSV-Klischee sitzt einfach sehr tief (fairerweise hätte ich glaube ich auch bei St. Pauli von vereinzelten Idioten schwachmatische Sprüche erwartet). Aber ich habe tatsächlich nichts negatives mitbekommen. Weder von den Stehplätzen unter mir, noch von den Sitzplätzen in meiner Nähe. Auch auf der An- und Abreise war wirklich alles völlig im Rahmen. Das extremste was mir begegnete war ein Galatasarayfan vor der Nordkurve (wir erinnern uns: HSV-Fanblock) der eine St. Pauli-Totenkopf-Flagge auspackte und damit rumwedelte. Wurde dann auch mal gepflegt angepöbelt. Aber auch wieder “EYYYY NIMM DIE FAHNE WEG… “. Und ganz klar, wenn bei uns in der Südkurve ein Gästefan sich mit HSV-Fahne präsentiert dürfte dasselbe in grün passieren. Ich habe nicht einen rassistischen Spruch gehört. Ich hab kein übermäßig aggressives Verhalten mitbekommen. Scheinbar hat sich im Volkspark in dieser Hinsicht doch was geändert.

Ich war ja – siehe oben – für den HSV.  Ich mag Galatasaray auch irgendwie so genau gar nicht. Naja. Auch egal. Jedenfalls hab ich in gewissen Phasen zumindest im Kopf durchgespielt, wie es wäre, die Lieder des HSV-Anhangs mitzusingen. Geht nicht. Ich konnte mich wunderbar über die Spieler, den Schiri etc. aufregen. Kein Problem. Ich konnte Pöbeln wie zuhause. Mitleiden, Mitfiebern, alles gar nicht schwer. Aber Singen? No way.
Die Melodien in Deutschlands Stadien sind eh zu 70% oder so identisch, das wäre nichtmal das Problem gewesen. Aber selbst wenn ich gewollt hätte, an den entscheidenden Stellen wäre mir jedes Mal ein gepflegtes St. Pauli über die Lippen gekommen. Klingt auch viel besser. Und passt auch viel besser auf die Melodien. Ich hatte zugegeben aber auch beim Einlaufen bei Spielbeginn das intensive Bedürfnis laut “St. Pauli! St. Pauli!” zu rufen.

So macht einem das Unterbewußtsein schon irgendwo sehr charmant deutlich, welcher Verein denn der eigene ist. Ich kann gar nicht anders als St. Pauli. 🙂

Bleibt also zum Ende eines unterhaltsamen Fußballabends beim Lokalrivalen folgendes: Ich komm gerne mal wieder. Aber im Herzen war, bin und bleibe ich St. Pauli ‘til I die.

Meine Nerven! FC St. Pauli-Hansa Rostock 3:2

Eigentlich wollte ich das Spiel ja bereits kurz nach Abpfiff verbloggt haben. Aber alles was sich aus meinen Fingern saugen ließ, sah ungefähr so aus:

JAAAAAAAAAAAAAAAA!!!!! WIE GEIL!!!! ICH LIEBE DIESEN VEREIN!!!!

Könnte ich natürlich so stehen lassen 🙂 Aber irgendwie hab ich ja doch den Ehrgeiz, wenn ich was schreibe, auch etwas Inhalt zu haben. Also (hier bitte vorstellen, wie ich tiiief Luft hole):

Man muß ja wirklich sagen, dass ich Stani und Truller unterschätzt habe. Nachdem ich mich bei den Spielen in Oberhausen und München ja noch aufgeregt habe, erkenne ich nun langsam, dass sie dort einfach nur die neue Taktik ausprobieren wollten. Und klar, ich kann akzeptieren, dass so radikale Umstellungen nicht immer direkt funktionieren. Aber wenn das dann jetzt so weiter geht, wie gegen Rostock, meinetwegen.

Aber von Anfang an: Wie die letzten Auswärtsspiele, hatte sich St. Pauli offenbar jetzt auch zuhause entschieden, den Beginn des Spiels ruhig anzugehen, und zunächst den Gegner einzulullen.
Die obligatorischen 2 Gegentore in den ersten 10 Minuten waren kein Problem, das kennen wir ja alles schon. Gewöhnung und so. Aber diesmal schlug unsere neue Taktik das erste mal wirklich zu: Dreifachauswechslung in der Pause. Unsere beiden Bald-Bundesliga-Stars Trojan und Ludwig blieben in der Kabine (dazu Schulle, der ja auch die letzten Spiele andeutete, warum er vielleicht doch mal über eine berufliche Neuorientierung nachdenken sollte) und das Team kam um 180° gedreht aus der Kabine.

Und die Taktik ging auf: Rostock sah ab da keinen Stich mehr, aus dem 0:2 wurde ein 3:2 und das Stadion, Twitter, ich, alle waren glücklich. So geht das. Die neue Taktik ist also den Gegner dazu zu bringen, dass er uns völlig unterschätzt, aufgrund der grottigen ersten Hälfte, und dann in der zweiten aufzudrehen und das Spiel zu wenden. Wenns klappt.. Spannender als ein 08/15 1:0 ist sowas allemal. Aber.. ARGH. Meine Nerven!

Andererseits… Das sind die Spiele, warum ich Fußball so liebe. Genau das sind die Spiele, nach denen jeder weiß, warum.

Neben einem wichtigen Sieg, einem wirklich aufregendem Spiel mal so am Rande noch die Hansa-Kogge versenkt. Hoffen wir, dass es da wo sie gerade rumdümpelt noch tief nach unten geht. Ex-Trainer Dieter Eilts wurde ja direkt nach dem Spiel beurlaubt und aktuell ist wohl Thomas Doll im Gespräch. Ich weiß noch nicht, ob ich das gut fände. Einerseits würden die beiden charakterlich gut zu einander passen, andererseits hatte Doll in den ersten Wochen eigentlich immer Erfolg. Und das wollen wir doch wirklich vermeiden. Zu schön klang das “Nie mehr zweite Liga” aus dem Stadion, und es wäre wirklich wünschenswert, wenn die Rostocker ihren Lieblingsschlachtruf “Scheiss St. Pauli” bald in der dritten Liga, oder noch weiter unten, anstimmen könnten. Als Gegner brauchen die uns dazu eh nicht, das singen sie ja auch jetzt schon, egal gegen wen sie gerade spielen. Wers braucht.