DAS ist mein Pauli

Wir haben ja eine gewisse Historie was das knacken der Serien gegnerischer Teams angeht.

Wo andere Mannschaften in Ehrfurcht erstarren, weil der kommende Gegner in den letzten X Spielen… St. Pauli schafft das. Auswärtsserien, Heimserien, alles kein Problem.

Das Dumme ist nur: Ich rede von Negativserien.

Wie gehabt, schafft es der Club meines Herzens mit überragender Zielstrebigkeit die einfachsten Spiele zu versauen:

Auswärts, beim letzten der Liga. Bei der Mannschaft, die genau einen Sieg auf dem Konto hatte. Bis dahin.

Irgendwie war das schon vorher klar. Das konnte gar nicht gut gehen. Als Stani dann auch noch anfing, vom “Bonus-Spiel” zu sprechen, mit dem die Spieler die eh schon tolle Hinrunde beenden könnten, war alles verloren.

Klar, wer braucht schon nen Bonus? Das hat ja auch in der ersten DfB-Pokal-Runde schon toll geklappt.Mit dem Bonus. Bonus-Spiele verliert man eben bei St. Pauli lieber.

Ich habe ja kurz überlegt, dass wir diesmal, weil alle damit rechnen dass wir gewinnen, also eigentlich alle damit rechnen, dass wir verlieren, weil wir immer verlieren, wenn alle damit rechnen, dass wir gewinnen und alle genau das auch wissen, gewinnen, weil eben keiner mehr damit rechnet, dass wir gewinnen, weil alle damit rechnen, dass wir, da wir damit rechnen müssten zu gewinnen, verlieren und damit gar nicht mehr der gefühlte Favorit sind*. Aber… Nee!

Also haben wir das Spiel dominiert, sagen die Berichte. Aber trotzdem verloren!

Der FSV Frankfurt hat seine Negativserie beendet und wir überwintern nicht auf einem Platz der die Benutzung des A-Wortes gerechtfertigen würde.

Ist wohl auch besser so.

Ich will ja, dass wir aufsteigen. Aber ich kann mir ausmalen, was losgewesen wäre, stünden wir jetzt auf Platz 3. Mopo und Abendblatt in der Saure-Gurken-Winterpause hätten den Hype schön ausgebreitet. Alle wären nervös geworden und viele “Fans” mit völlig utopischen Ansprüchen an die Mannschaft infiziert. So ist es wohl ganz okay.

Zumal 27 Punkte wirklich mehr als respektabel sind. Damit sind wir auf einem sehr guten Weg, den Klassenerhalt – also das eigentliche Saisonziel – frühzeitig fest zu machen. Danach sehen wir weiter. Sagt auch der Trainer. Und der muß es ja wissen!

Außerdem, als St. Paulianer haben wir ja auch eine gewisse politische Verpflichtung. Und die erfüllen wir natürlich:

Wir nehmen die Punkte von den Reichen und geben sie den Armen.

Wir sind Robin Hood!

In diesem Sinne, schöne Winterpause!

*) Ich hoffe irgendjemand hat beim Lesen des Satzes genauso viel Spaß, wie ich beim Schreiben!

Transfergerüchte

Das ist nicht mehr mein Pauli.

Mal ab vom fünften Tabellenplatz bin ich auch sonst gerade ziemlich begeistert vom FC St. Pauli. Ich meine, hey! Da werden die Verträge mit Rothenbach oder Schulz offenbar in Ruhe verlängert. Da werden Gespräche mit Spielern geführt die man halten möchte. Ohne, dass es in der Öffentlichkeit zu großem Medienchaos kommt. Klar, Filip Trojan hat schonmal darauf hingewiesen, dass er gerne in der Bundesliga spielen würde, aber… Man versucht ihn zu halten, ohne große Sprüche oder medial auf den Tisch hauen. Hierbei übrigens auch Respekt vor den Spielern, die sich da offenbar ja auch zurückhalten bzw keine Notwendigkeit sehen, groß mit der Presse zu spielen.

Guckt man mal zum Club im Volkspark sieht man, wie sowas auch laufen kann. Bastian Reinhardt überlegt, im Winter wechseln zu wollen und macht das Publik. Beiersdorfer reagiert öffentlich unwirsch und prompt steht man groß in der Mopo. Achso und Olic will/soll/kann zu Juve/Bayern/Liverpool wechseln. Oder bei den Bayern. Prinz Poldi (sagtmal.. das klingt schon irgendwie, wie ein Intimpiercing, oder?) will im Prinzip seit er dort ist, wieder weg. Aber man lässt ihn nicht. Jedenfalls steht das dann so in der Zeitung. Und beim FC Köln glaubt man jede Halbserie, dass er JETZT bestimmt zurück kommt. Für 8-15 Millionen.

Ich war wirklich lange nichtmehr so zufrieden mit meinem Club. Primär weil es sportlich läuft und wirtschaftlich so wirkt, als sei gerade mal alles in ruhigen Bahnen. Aber eben auch, weil man offenbar seit dem Aufstieg die Außendarstellung halbwegs im Griff hat.

Das ist nicht mehr mein Pauli. Positiv gemeint.

You never know what you’ve got…

Ein Teil dessen, was Fußball so emotional macht ist sicherlich das stetige Nebeneinander von Gewinn und Verlust. Von Besitz und Hinterher trauern. In 90 Minuten die volle Bandbreite der (Fußball-)Emotionen erleben, gute wie schlechte.

Und das geht so: FC St. Pauli gegen TuS Koblenz.
Nach 10 Minuten geht St. Pauli mit 1:0 in Führung. Klingt erstmal gut, ist aber für den alten St. Pauli-Fan gleichzeitig ein Warnsignal. So Spiele sind fast nie entspannt, weil die eigene Mannschaft es leider quasi nie schafft, dadurch Sicherheit zu gewinnen und das Spiel mal kontrolliert durchzuspielen. Trotzdem: Freude, 3 Punkte.

Nach 40 Minuten dann auch wie zu erwarten das 1:1, ausgerechnet durch Vata, über den vorher noch eifrig gelästert wurde. Der fällt wenn man ihn anguckt… aber Tore schießt er offenbar trotzdem. Frust. Wir haben gerade gefühlt 2 Punkte verloren.

Übrigens schießt er dann auch “gleich” – also ne halbe Stunde später – das 2:1 für Koblenz. Zuhause, 2:1 Rückstand und die Mannschaft spielt.. nun sagen wir mal optimierungsfähig. Großer Frust. Kein Punkt und das in einem Heimspiel.

Der Kommentar im AFM-Radio ist auch eher negativ, was das Spiel angeht, wenn auch chronisch optimistisch. Nagut, ich ja auch. Also warten auf den Ausgleich. Ich glaube ja meist doch bis zum Ende an mein Team.

Und irgendwie schaffen sie es dann auch. Ausgleich in der 84. Minute durch Sako, den Sako, der irgendwie immer so um 20 Minuten vor Schluß kommt, und dem gefühlt fast nie was gelingt. Gut, neulich den Elfmeter rausgeholt, aber sonst? Hatte der vorher schon Mal für uns in der 2. Liga getroffen? Ich glaube nicht. Jubel. Verhalten, trotz dem einen Punkt der grade wieder uns gehört. Irgendwie bin ich ja mit dem Wunsch nach 3 Punkten in den Spieltag gegangen. Ich meine. Hallo? Heimspiel? Und wer ist Koblenz überhaupt? Gefühlt das Mönchengladbach der zweiten Liga.

Als Eger dann in der 91. Minute das 3:2 für uns macht, fällt alles durcheinander. Die Herren im AFM-Radio drehen völlig durch, ich falle nur fast um, weil der Weg aus dem Schneidersitz in Jubelpose etwas kompliziert ist. Egal. Jubel! Großer Jubel. 3 Punkte.

Abpfiff.

Objektiv betrachtet ein relativ normales 3:2, 3 Punkte für St. Pauli eben. Der Sieg war irgendwo erwartbar, immerhin ist St. Pauli ziemlich Heimstark und Koblenz nicht wirklich die Übermannschaft.
Subjektiv aber – dank emotionalem auf und ab ein großartiges Erlebnis. Der Sieg ist – dank des zwischenzeitlichen Rückstands so viel “mehr Wert” irgendwie.

You never know what you’ve got ‚til it’s gone.

Stimmt schon. Sieg, Unentschieden, Niederlage, Unentschieden, Sieg. Nach 10 Minuten wissen, was man hat, und nach 70 Minuten wissen was man hätte haben können. Am Ende ist es dann meins. Unseres.

Das ist Fußball.