Hey, ich bin 34. Vierunddreißig! Ich will noch nicht sterben.Dazu ist es noch viel zu früh!
Was soll sowas?
Da hat man Monatelang fußballabstinent gelebt, hat den DfB-Pokal mit der ihm gebührenden Stoik ertragen und sich nicht Mal wirklich von einem Grottenspiel gegen einen Fünftligisten stressen lassen.
Und dafür dann das:
Von Null auf 180.
Kein entspanntes Nullnull, kein noch entspannteres Viernull für uns. Neee, Zwoeins.
Zwo. Eins.
Klingt gut? Heimsieg? Klar, drei Punkte. Toll.
Und das Spiel war zum Teil echt gut, aber könnten die Jungs auf dem Rasen bitte nächstes Mal wieder versuchen so zu spielen, dass ich nach dem Spiel keinen Herzkasper habe?
Dass ich nicht in der 94. Minute erstmal vier Stehplatzreihen nach unten fliege, dann vermutlich sechs nach oben, dann wieder zwei nach unten. Hey, bei sowas könnte man sich den Fuß brechen (Okay, lieber beim Torjubel als sonstwie… )! Und dann auch noch plötzlich von Herrn Textundblog geherzt werden. Das ist dann schon fast zu viel, für mein armes Herz.
Torjubel! Zwei zu eins! In der Vier-und-neun-zig-sten Minute!
Und mindestens 200 neue graue Haare auf meinem Kopf. Naja, egal, die kommen eh. Besser so, als durch Niederlagen.
Dabei ging alles so entspannt los, ich hatte während der ersten Hälfte noch “Unaufgeregt” als Titel für dieses Posting im Kopf. Ich war erstaunt, wie ruhig und gelassen der FC St. Pauli sein Spiel spielte. Recht oft präzises Passspiel über viele Stationen. Munteres rochieren im offensiven Mittelfeld, teilweise entspanntes Ballhalten auf Höhe der Mittellinie, bis dann doch – nach gefühlten 2-3 Minuten der überraschende Pass in die Spitze kam. Das sah schon richtig gut aus! Genau so spielt man gegen eine Mannschaft wie Ahlen, die in der ersten Hälfte mit zwei Viererketten am eigenen Strafraum bzw. 15 Meter davor standen. Folgerichtig das 1:0. Jubel die erste. Noch.. verhaltener, weil – ganz ehrlich – ungestresster.
Der Spielverlauf wirkte auf mich so ein bisschen, als hätten die Spieler 15, 20 Minuten gebraucht um “zufrieden” mit dem Passspiel zu sein, so dass sie jetzt auch etwas Dynamik ins Spiel brachten. Gefiel mir echt.
Aber einem gewissen Matthias Hain, seines Zeichens St.-Pauli-Torwart, passte das wohl nicht, jedenfalls war ich gerade dabei endlich mal halbwegs entspannt den Halbzeitpfiff zu erwarten, als er sich spontan dazu entschloss unter dem Ball hindurchzuhüpfen und irgendein Ahlener mußte dann nur noch den Schädel hinhalten. NEIN? doch.
Irgendwo hab ich was von 70% Ballbesitz gelesen. Das kommt hin. Superspiel. Bis auf… siehe oben.
Nach der Pause war’s dann etwas weniger dominant, vor allem auch, weil die Ahlener begonnen mitzuspielen. Nicht gut, aber.. ausreichend um St. Pauli etwas zurückzudrängen. Viel hintenrum, leider immer wieder hohe Bälle in die Spitze. Was mir plötzlich fehlte war die Dynamik. Irgendwie war das Spiel nämlich immer noch unaufgeregt. Was wohl objektiv auch gut sein mag, immerhin bringt Stress dem Spiel selten was, aber.. als Fan ist das übel. Ich brauch dann doch mal das Gefühl, dass zwei Gänge hochgeschaltet wird. Stoisch-beharrliches Spielaufbauen und geduldiges auf-die-Chance-warten … daran muß ich mich noch gewöhnen. Machen die Bayern seit Jahren so, meistens erfolgreich, aber… St. Pauli war bisher halt eher Krampf und Kampf. Aber okay – solang dabei das 2:1 rausspringt, alles richtig gemacht. Nur nächstes Mal bitte.. in der 70. Minute? Oder vielleicht einfach keinen Gegentreffer bekommen? Oder beides? Am besten beides!
Naja, die Neuen haben mich echt überzeugt. Superspiel von Matze Lehmann (inkl. 1:0), hammergeil, wie Denis Naki sich auf Links immer wieder nach vorne spielte, genial die Übersicht, mit der vor dem 1:0 den Ball am Strafraumrand quer legte, anstatt selbst den Abschluss zu suchen (und dabei zu versagen). Ein Dribbelkönig mit Zug zum Tor und Spielübersicht. Wow. Klasse. Klasse auch, dass Nils Pichinot bei seinem ersten Spiel in einer Profimannschaft sein erstes Tor macht.
Und wenn dann in den nächsten Wochen mit Charles Takyi und Max Kruse noch zwei weitere – vermeintlich gesetzte – offensive Midfielder zurückkommen…Das macht echt optimistisch, dass wir mit den Jungs noch viel Spaß haben werden.
Herztakt wieder runterfahren, ne Woche zum Entspannen.
Nächsten Montag geht’s dann nach Aachen – Eröffnungsspiel im neuen Tivoli. Und: Juhu, ich bin dabei!
Und ich glaube fest an einen Auswärtssieg. Sonst müsste ich ja gar nicht erst dahin fahren. Auch wenn Dirk das sicherlich anders sehen wird.