Du hast die Hose nass…

Das Großartige am Fußball ist ja das ganze drumherum.

Okay, nicht nur. Anders:

Das Großartige am Fußball sind zunächst mal ungefährdete Siege. Also das, was ich heute ungefähr 70 Minuten lang am Millerntor gesehen habe. Nach 20 Minuten Sturm und Drang der Münchner hatte ich jedenfalls irgendwie genau gar nicht mehr das Gefühl, dass da was anbrennen könnte. Davor schon. Gefühlte 20 Ecken in 10 Minuten, die Alexander Ludwig überraschend gut vor unser Tor trat (da hat er sich offenbar tatsächlich sportlich verbessert!), gefühlte 5 Torwartfehler (Herr Hain darf wirklich gerne auch mal einen Ball festhalten!) und .. naja.

Aber danach wars klasse. Das komische Wetter akzeptiert, das mit dem Rutschen, Glibschen und Grätschen verstanden. Fein.

Und nach ein paar Versuchen, ging es dann auch mit dem Fußballspielen wieder. Ich bin gerade mal spontan begeistert von Max Kruses Pässen. Hallo?! Wie genial war bitte das Zuspiel auf Ebbers kurz vor der Pause, dass der leider nicht nutzen konnte. Mal eben mit einem Fußgelenkswischer die komplette 1860-Abwehr ausgehebelt. Und Deniz Naki hat endlich mal wieder ein Tor gemacht. Was hab ich ihm das gegönnt. Auch wenn ich sonst ja gerne schimpfe, dass man nicht durch Gegenspieler durchgehen könne, er kann das. Also.. sah jedenfalls so aus, beim 3:1. Und die zwei sind nur der Nachwuchs.

Was ich aber auch immer wieder liebe, sind diese spontanen Aktionen im Stadion. Diese Dinge neben dem Spiel selber. Das Gabor Kiraly ‘ne komische Jogginghose trägt, ist wohl nicht so ganz neu. Aber wie die nach 60 Minuten Regen aussah.. äh… Ich sag mal so: Granufink hätte auch geholfen.

Ganz überragend lustig der Gesang von Südkurve und Gegengerade, als unsere siegreiche Mannschaft vor uns auf dem (nassen) Rasen saß: “Ihr habt Die Hose naß!” in Anspielung an eben jenen Jogginghosenkönig.

Großer Spaß auch, wie Herr @textundblog sich mit einem mir unbekannten Twitterati namens Joey Rautenfreund anlegte, von dem @textundblog behauptete, dieser sei ich. Immerhin wäre ich ja der Rautenfreund.
(Hintegrund: Man war belustigt, ob der Tatsache, dass ich bei Europaliga-Spielen freiwillig in die Fankurve des Lokalrivalen gehe, und wollte ein wenig auf mir rumhacken. Wer solche Freunde hat, braucht keine .. aber lassen wir das 😉 )
Besagter Rautenfreund fand es nun – zurückhaltend ausgesprochen – wohl nicht ganz so lustig, unterstellt zu bekommen, am Millerntor rumzustehen. Jedenfalls führte seine Reaktion zu großem Gelächter im Twitterfanclub Süd. 😀

Und großartig auch, wenn man mit den richtigen Leuten im Stadion ist. Die richtige Mischung aus rumgekasper, Fußballbegeisterung, und Dienstleistermentalität (danke @ring2 für das Bier!). Die Twittersüdkurve wird mir jedenfalls immer lieber. Da wächst zusammen, was zusammengehört 😉

Die alljährliche Heimniederlage…

Ich sag ja gar nicht, dass alle Spiele gewonnen werden sollten. Echt nicht. Aber Heimspiele gegen das Hansa Rostock Südwestdeutschlands sollte mein FC St. Pauli doch bitteschön erfolgreich gestalten. Ich meine hallo? Die Region? Viel ekliger geht in Fußballdeutschland ja nun echt nicht. Das ist ja nix neues.

Natürlich verlieren wir so Spiele dann. Zuhause. Ist ja klar.

Ich würd mich hier nun wirklich gern über den Schiri auskotzen (naja) oder den brutalen Gegner beschimpfen (hmmm…), dummerweise ist das nicht wirklich der Realität entsprechend. Oder über die unfairen Fans meutern, aber die haben ja nichtmal nach dem 2:0 ernsthaft den Mund aufbekommen. Rote Teufel und so? Not really, das war eher LR-Aalen-Style.

Verloren haben wir dummerweise völlig verdient. Wir waren einfach schlechter. Wie sagte Stani vor dem Spiel? Wenn wir mehr richtig machen, als der Gegner, gewinnen wir? Eben. “Richtig machen” wäre mal so ein Thema des Tages. Ich meine…

Hallo, Passspiel?!?
Dieses “den Ball mit einem Fuß dem Mitspieler zuschieben, damit der ihn bekommt”…
Hallo, Beweglichkeit?!?
Dieses “sich möglichst vom Gegner weg bewegen und auf den Ball zu”…
Hallo, Defensivverhalten?!?
Dieses “Wenn der Gegner im Ballbesitz ist, versuchen ihm den wieder weg zu nehmen”…

Nix.

Die ersten 20 Minuten gabs noch sowas wie Druck auf das Tor der roten Heinis, danach war’s Gewürge. Von unserer Seite.

Besonders hervorheben möchte ich irgendwie Fabian Boll, der es geschafft hat auf 15 Ballkontakte 20 Fehlpässe zu spielen.
Oder doch lieber Davidson Drobo-Ampem, der gefühlt jede Flanke dem Gegner zuspielte und beim Versuch den Ball zurück zu erobern, die eine oder andere gefährliche Aktion einleitete. Für Hansa Rostock Kaiserslautern.
Oder vielleicht doch Carsten Rothenbach, über dessen sonst so starke rechte Seite erschreckend oft Gegenangriffe liefen, die regelmäßig zu Torschüssen führten.
Oder eher Deniz Naki, der mit großer Kontinuität glänzte, wenn es darum ging vier Lauterer auszuspielen um sich dann in den fünften zu werfen und keinen Freistoß zu bekommen.
Möglicherweise auch Florian Bruns, der ein Schatten seiner Selbst war? Entweder Festlaufen, Fehlpass oder die Flanke ins Leere ist nicht wirklich gut.

Aber eigentlich haben alle es verdient, hervorgehoben zu werden. Irgendwie.

Und das war alles gar nichts, verglichen mit den Fußballexperten hinter mir, die nach 30 Minuten anfingen zu fordern lang & hoch nach Vorne zu spielen. Die sich über jeden Pass hintenrum beschwerten, weil “das Tor gegenüber steht”.
Klar, ist ne Superidee, wenn der Gegner mit massiver Verteidigung glänzt das Spielen einzustellen und einfach zu gucken, ob man den Ball nicht von der Mittellinie direkt verwandeln kann. Wenn man keine Ahnung von Fußball hat, sollte man wohl doch am besten einfach nicht ins Stadion gehen.

Die Interviews nach dem Spiel zeigen, dass die Spieler verstanden haben, was für’n Brei sie gespielt haben.
Gut so.
Mund abwischen, nächstes Spiel besser machen. Die Jungs haben die Saison schon mehrfach und deutlich gezeigt, dass sie wissen, wie es richtig geht.
Und bei allem Geschimpfe, wir haben diese Saison eine tolle Mannschaft. Das ist mal klar!

Ich hoffe einfach, dass Fabian Boll recht hat, wenn er sagt, dass das jetzt die eine alljährliche Heimniederlage war, die wir in jeder Saison am Millerntor erleben.

Außerdem geht’s ja nun erstmal wieder Auswärts. Da fällt es uns ja traditionell diese Saison leichter.
Mittwoch. Quasi zur Region der ersten Liga. DfB-Pokal in Bremen. Klingt nach einer lösbaren Aufgabe. Immerhin haben die heute nichtmal ein Tor geschossen (auswärts… wir machen da im Schnitt vier Tore pro Spiel) und sind in der Liga auch nur auf Platz 8.
Und deren stärkster Spieler ist ja angeblich auch verletzt. Ich bin optimistisch. Wie eigentlich immer.

Von daher: Bremen putzen! Wir lesen uns nach dem Spiel.

Nagelprobe

Früher war das mit der Nagelprobe beim Fußball ganz einfach. Jedenfalls wenn der FC St. Pauli auswärts spielte. Die Nagelprobe sah so aus, dass ich aufgrund des Stresslevels munter an meinen Fingernägeln kaute und damit sie auf ihre Haltbarkeit prüfte.

Aber diese Saison ist das irgendwie anders. Selbst bei Rückstand nach 15 Minuten war ich noch total entspannt. Woran das liegt, kann ich nicht so genau sagen, aber nun gut, meine Fingernägel werden es mir wohl danken.

Nagelprobe aber auch deshalb, weil für mich schon vor dem Spieltag dieses Spiel eine gesonderte Bedeutung hatte. Der FSV Frankfurt ist sicherlich kein überragender Gegner und auf jeden Fall ein Team, dass keine direkten Ambitionen für das obere Tabellendrittel hatte. Also die Teams, gegen die wir typischerweise besonders gut aussehen.

Und irgendwie haben wir diese Probe bestanden. Und zwar nicht nur, weil wir in Frankfurt 3:2 gewonnen haben, sondern auch, weil wir nach früher Führung den Ausgleich und später sogar den Rückstand hinnehmen mußten. Weil wir das Spiel gedreht haben. Weil das Team gezeigt hat, dass es auch mit schwierigen Situationen umgehen kann. Denn seien wir ehrlich: Eine 2:0 Führung auswärts macht es doch irgendwie leichter, den Rest des Spiels gut und entspannt zu spielen.

Zum Glück für meine Nägel. Wenn man so will. Und ich bin immer noch erstaunt, den Jungs beim Spielen zuzusehen. Auch wenn nicht immer alles funktioniert, sieht das doch sehr sehr gut aus. Ruhiger, konstruktiver Spielaufbau, kontinuierliches Anrennen. Immer das Gefühl vermittelnd, das Spiel im Prinzip im Griff zu haben. Auf den richtigen Moment warten um das Gegentor zu erzielen. Wie Charles Takyi und Matze Lehmann dann, nach fast einer Stunde ohne Tor. Kein wirres, gestresstes, angestrengtes Anrennen ohne Konzept. Richtig guter Fußball.

Das war übrigens der 3. Auswärtssieg in Folge. Oder das sechste niederlagenlose Spiel von den sechs Pflichtspielen diese Saison. Oder das schnellste Saisontor in der zweiten Liga. Oder das sechste von sechs Spielen, bei dem wir mindestens 2 Tore geschossen haben. Oder …Ich bin im Moment sehr Statistikbegeistert. 🙂

Aber das alles entscheidende ist: Trotz eines grottigen 10. Platzes auf der Heimtabelle in der Gesamtansicht Spitzenreiter! So darfs weiter gehen. Bitte mit einem Sieg gegen die Region am nächsten Sonntag. Mittags.

An die Anstosszeiten werde ich mich wohl so schnell nicht gewöhnen.