Change!

Ich weiß ich bin lange nicht der erste, der sich mit dem Thema beschäftigt. Trotzdem.

Neulich in Twitter geisterte dieses “Meme” von der Beleidigung2.0 rum. Ist das überhaupt ein Meme? Jedenfalls ist es ein Hashtag, der einen Abend lang ziemlich intensiv genutzt wurde. Beleidigung2.0 lief im Prinzip darauf hinaus, dass man/wir/die Webzwonuller in 125 Zeichen (15 gingen ja für den Hashtag drauf) Beleidigungen gegenüber anderen Ausspricht. “Du hast eine Homepage”. “Du fragst nicht ‘welche’ wenn jemand deine Emailadresse haben will”. “Du ‘gehst online’”. War lustig. Geekig aber ich hatte meinen Spass. Im Moment turnt „#opatwittertvomkrieg durch Twitter. Auch wieder mehr oder weniger lustig. Und wieder relativ viele Menschen, die mitmachen.

Aber ich schreib das aus einem ganz anderen Grund auf.
Ist euch mal bewußt aufgefallen, wie enorm das Netz uns, unsere Gewohnheiten, unser Verhältnis zu Menschen, die Art wie und worüber wir Witze machen und für die Netzbewohner eigentlich fast alles verändert hat?

Der Achtzehnjährige Curi fand sein Leben damals glaube ich ganz gut. Der Vierunddreißigjährige seins heute auch, aber trotzdem..

Schon enorm:

Irgendwann, 1993. Sonntags, 10:00 Uhr:

Boah, ich bin wach, ich glaub ich nehme mir mal ein Buch und lese was. Danach stehe ich auf, geh ins Bad und hol mir was zum Frühstück. Vielleicht kommt ja was im Fernsehen. Oder ich spiel was am Amiga. Vielleicht treff ich mich nacher ja noch mit Freunden. Freunde, das sind die Menschen, die ich seit einer Weile kenne. Wir haben uns auf der Schule oder über andere Freunde kennengelernt. Verbringen viel Zeit miteinander, viel Zeit heißt sowas wie 2-3 Stunden pro Woche. Die Schulstunden mal ausgeblendet. Mal sehen, ich versuche ob ich die mit dem Telefon erreiche. Immerhin haben meine Eltern ISDN. Das ist toll, ich habe meine eigene Telefonnummer und ich kann ganz ungestört in meinem Zimmer telefonieren. Das können nicht alle meiner Freunde. Lange nicht.

Meine Freunde und guten Bekannten wohnen alle in Hamburg und Umgebung. Die meisten kann ich mit dem Rad in 30 Minuten erreichen.

Wenn ich mich verabrede, dann auf die Minute und mit präziser Ortsangabe:
“Wir treffen uns um 15:30 am Burgerking, vor dem rückwärtigen Eingang”.

Kommt jemand zu spät bin ich genervt, kommt jemand gar nicht sowieso. Eventuell ruft man – in besonderen Fällen – mal von der nächsten Telefonzelle beim betroffenen daheim an und da weiß jemand was.

Wenn ich mich informieren will, dann lese ich Zeitung – das sind brandaktuelle Informationen, da steht heute schon drin, was gestern passiert ist. Noch schneller ist nur das Fernsehen – die Tagesschau zeigt mir die Bilder, auch davon, was heute früh alles in der Welt los war. Das ist zum Teil nur ein paar Stunden vorbei. Unglaublich.

Wenn ich mehr zu einem Thema wissen möchte, muß ich im Lexikon gucken. Leider steht da oft nur wenig, dann Frage ich jemanden, von dem ich glaube, dass er es wissen könnte. Oder gehe in die Bibliothek. Nach wenigen Tagen habe ich so einiges an Informationen zu einem spannenden Thema zusammen.

Irgendwann, 2008, Sonntags, 10:00

Guten Morgen Welt. Ich bin wach. Ich klappe dann mal den Laptop auf. Erstmal im Web guten Morgen sagen. Mails gucken. Oh, cool, jemand hat auf meinem Blog kommentiert. Ein guter Bekannter. Gute Bekannte, das sind die Menschen, mit denen ich mich regelmäßig austausche. Wir kennen uns schon ‘ne Weile. Weil wir unsere Blogs gegenseitig lesen, mal in Twitter ein bis drei Tweets ausgetauscht haben. In Plurk gechattet. Und uns vielleicht schon im echten Leben getroffen. Einen Abend lang. Vielleicht auch zwei. Freunde gibt es auch online. Das sind dann die, mit denen ich regelmäßiger Chatte, eventuell auch telefoniere, oder Teamspeak.

Erstmal Brötchen holen. Nehme mir eine Sonntagszeitung mit. Zuhause aber mit dem Frühstück erstmal wieder vor den Rechner. Kommunikation, Information. Emails, Tweets, Plirks. Kommentare in anderen Blogs. Nebenher noch die aktuellen Nachrichten lesen. Aktuell wie “Das, was in den letzten 3 Stunden passiert ist”. Wenn ich wissen will, was in der Welt passiert, gucke ich online.

Naja, jetzt muß ich mir meinen Feedreader vornehmen, schon wieder über 150 ungelesene Blogbeiträge, mal sehen. Ich bin wohl gestern nicht zum lesen gekommen.

Beiträge aus ungefähr 50-60 Blogs, die von den Autoren handeln. 50-60 Menschen, an deren Leben ich irgendwie teilnehme. Lese, wenn sie Eltern werden, Ihren Job wechseln, sich eine WII kaufen oder zum Fußball gehen. In Twitter ungefähr dreimal soviele. Menschen, von denen ich Schnipsel ihres Alltags mitbekomme. Mehr (und zugegeben banaleres) als von vielen Menschen, die ich vor 10 Jahren als “Freunde” bezeichnet hätte.

Wenige von meinen Freunden und Bekannten wohnen in Hamburg. Sie verteilen sich über Europa: Hamburg, München, Berlin, Aachen, Kiel, Bremen, Dresden, Schweiz, Italien, Österreich, Irland, England. Wenige, weil sie weg gezogen sind, die meisten haben nie in meiner räumlichen Nähe gelebt. Trotzdem sind es Freunde oder Bekannte.

Wir sehen uns – teilweise leider – sehr selten. Wenn wir uns verabreden, dann meist Vage. “Ich bin ab ca. 15:00 in der Stadt und Terminfrei, lass uns dann nochmal kurz reden”. Das Mobile ist immer dabei. SMS, Mail, kurze Telefonate, 5 Minuten vorher:
“Ich steh grad am Rathaus, wo steckst Du denn?” – “Ich bin am Hauptbahnhof, treffen wir uns in der Mitte? Burgerking?” – “Okay”….1 Minute vorher “Ich bin am BK vorbei, wo steckst Du?” – “Andere Seite BK, ich komm rum!”.

Die Sonntagszeitung ist mal wieder hoffnungslos veraltet. Die Fußballspiele habe ich “live” im Ticker erlebt. Das Sankt Pauli Spiel sogar im Webradio. Politische Ereignisse standen gestern bereits online.

Wenn ich mehr zu einem Thema wissen will, Frage ich per Twitter meine Follower, vielleicht kann jemand helfen. Oder ich frage Google, oder Wikipedia. Nach wenigen Minuten habe ich einen recht guten Überblick über das Thema, wenn ich mehr wissen will, kann ich mich jetzt einlesen.

Irgendwie schon krass, oder? Das sind 15 Jahre. Ungefähr ein Fünftel oder ein Sechstel Menschenleben. Denkt weiter zurück, vor 150 Jahren gab es noch nichtmal Radio. Telegrafen und Gedrucktes war damals das Nonplusultra der Informationsübermittlung. Die Informationsmenge, die einem Einzelnen zugänglich war, war unglaublich gering im Vergleich zu dem, was heute in “unmittelbarer Reichweite” ist.

Ein großer Anteil dessen, was für mich, für uns hier im Web2.0, inzwischen selbstverständlich ist, wirkt für “normale Menschen” doch völlig absurd. Aber ich kenne kaum noch ‘normale’ Menschen. Nicht völlig normal. Google und Wikipedia kennen wohl fast alle. Nur das mit der Kommunikation klappt noch nicht bei und mit allen.

Geht es euch auch so, dass Ihr zwischendurch einfach dasitzt und staunt? Und euch fragt, ob in 15 Jahren vielleicht wieder alles anders ist? Und wie anders es dann sein wird?

Ich bin echt gespannt!

Geduld

Wie wird man eigentlich „richtig geduldig“?

Ich meine, ich bilde mir ja meistens ein, ich wäre durchaus in der Lage auch auf Dinge die länger warten müssen einigermaßen ohne genervt zu sein reagieren zu können.
Teilweise klappt das natürlich auch, einfach weil man dann eben auch nicht ständig darüber nachdenkt. Irgendwie dachte ich bisher immer, wenn es denn „voran“ ginge, würde ich auch bei Dingen die mir präsent sind besser sein. Aber irgendwie haben mich die letzten Tage mal wieder vom Gegenteil überzeugt.

Beispiel: Wir arbeiten im Team an einem Projekt. Mir obliegt es nun, den letzten Schritt zu gehen, sprich in einer Powerpoint-Präsentation die Ergebnisse zu interpretieren. Dazu bekomme ich nach und nach von den Kolleginnen Material. Immer wenn etwas Material da ist, kann ich wieder ein wenig weiter arbeiten. Immer, wenn ich aber wieder auf Material warten muss, wurde ich unruhig. Aufstehen, umhergehen, gucken ob irgendwo schon wieder was ist, mit dem ich weiter machen kann. Und es ist ausdrücklich nicht so, dass ich „zu lange“ warten müsste! Trotzdem tigere ich wie wild durch den Raum, so dass aufmerksame und liebe Kolleginnen dies merken und mich irritiert angucken.

Beispiel: Ich schicke jemandem eine Mail/SMS/Whatever. Die Antwort kommt nicht innerhalb der ersten 10 Minuten, und schon werde ich unruhig. Gucke auf mein Handy, polle alle zwei Minuten E-Mails etc.. Wenn ich nach ein paar Stunden nichts gehört habe werde ich richtig nervös, nach einem Tag beginne ich daran zu zweifeln, dass es überhaupt noch Sinn ergibt mit dem Betroffenen zu sprechen. Obwohl ich weiß, dass möglicherweise andere Dinge grad im Vordergrund stehen. Ich fürchte ich kann dann sogar sehr penetrant werden (von daher hier mal eine Entschuldigung an alle bei denen ich durch diese Penetranz schon mal unangenehm aufgefallen bin, es ist leider oft für mich die einzige Chance nicht völlig „wahnsinnig“ zu werden, rumtigern und so halt. Ist aber eigentlich lieb gemeint. Eigentlich heißt das nur „ich mag dich“.).

Wie lernt man also Geduld? Wie wird man ausreichend gleichmütig um sich in solchen Situationen einfach dem „Schicksal“ zu ergeben und abzuwarten. Am Ende ist es ja doch egal, am Ende ist das Ergebnis unabhängig von der (subjektiv unendlich langen) Wartezeit doch dasselbe. Am Ende erzielt man, erziele ich mit meiner Ungeduld genau gar keinen Vorteil. Schlimmstenfalls führt die dadurch ausgelöste Penetranz sogar zum Gegenteil.
Ungeduld in dem Maße ist also sogar evolutionär eine Sackgasse (wie gut, dass ich absolut keinen Nachwuchs plane, so kann ich sicher sein, dass ich diese Eigenschaft nicht vererbe).

Hat jemand einen Tipp?

Ablenken funktioniert übrigens nicht, mein Kopf ist sehr erfolgreich darin, immer wieder das, was mich ungeduldig macht in den Vordergrund zu holen. Ich weiß, dass Multitasking für Menschen quasi nicht möglich ist, aber Parallel-Tasking geht. Und spätestens alle 2 Minuten poppt dann wieder dieser „Ungeduld-Task“ nach vorn. „Warum ist noch nicht, warum hat noch nicht, was dauert so lang, es geht nicht vorwärts“

Wie also damit umgehen? Wie „aussitzen“ ohne dabei phasenweise wahnsinnig zu werden?

Wahnsinnig werden klappt übrigens aus eigener Erfahrung ganz gut. Wenn ich mit meiner Penetranz dann auch nicht weiter komme, kippt es irgendwann einfach über. Dann male ich mir eine Weile (leider unter Umständen ein bis zwei Tage lang) aus, was schlimmstenfalls alles passiert sein könnte oder welche Konsequenzen das Wartenmüssen für mich schlimmstenfalls haben könnte (Nie wieder Kontakt mit lieben Menschen, Projekt an die Wand fahren und vom Kunden ärger bekommen, Hohe Kosten, weiterer Stress etc.) und irgendwann bin ich dann „voll“. Dann hatte ich alle Gefühle die mir negativ in den Sinn kommen offenbar schon ausreichend intensiv, so dass es dann eh nicht mehr schlimmer kommen kann. Dann geht’s plötzlich wieder einigermaßen. Aber sinnvoll ist das ja auch nicht, zumal ja meistens eben nicht „das schlimmste“ passiert, sondern in der Regel eben nur irgendwas banales. Und ich will nicht immer wieder „wahnsinnig“ werden, nur weil ich ab und zu zu ungeduldig bin. Das ist anstrengend!

Ich wäre für umsetzbare und hilfreiche Vorschläge enorm Dankbar 