Rückrundenauftakt

Nach dem mein geliebter FC St. Pauli sich ja im Testspiel gegen den FC Schalke mit einem 2:0 hervortat, war ich ja zugegeben etwas pessimistisch. Gute Testspielergebnisse führen zu diesem “wir können alle im 1. Gang schlagen” Gefühl, was hieße kein richtiger Einsatz und damit kein Sieg.

Ahlen also. Das ist so gefühlt ungefähr das Paderborn Westphalens. Oder so ähnlich. Also.. Naja. Wer ist eigentlich Ahlen? Egal. Tabellenletzter, also mal wieder eine Klassegelegenheit für die Aktion “Sozialamt der Liga”.

Guter Einstieg in das Projekt und auf dem tiefen Platz den Gegner erstmal kommen lassen. Gefühlte 20:0 Ecken für Ahlen bevor St. Pauli überhaupt mal ne Torchance hatte.

Völlig verwirrend zudem die Kommentatoren vom großartigen St. Pauli-Webradio, die dauernd “Olé Olé” riefen, was bei mir wiederrum dazu führte, dass ich zusammenzuckte und mich über das 1:0 für uns freuen wollte. Dummerweise war das aber nur der neue ahlener Spieler Ollé Ollé, der da unsere Abwehr durcheinander wirbelte.

Ich warte jetzt darauf, dass irgendwelche gemeinen Sportlereltern ihren einzigen Sohn “Thor” nennen und dann zum Fußballprofi drillen. Meine Nerven! Aber Kommentatoren hätten bestimmt Spaß dran, alle 5 Minuten ein “UND THOR!” zu brüllen.

Wo war ich? Ach ja, Ahlen. Ähm. Genau, die Gründe, warum man Tabellenletzter ist, wurden über den Spielverlauf immer offensichtlicher. Ordentlicher Fußball, Torchancen, Dominanz. Aber keine Tore. Schlecht für das Projekt “Sozialamt der Liga”, gut für uns.

Irgendwann wars dann offenbar auch den Mannen von Trainer Stanislawski zu viel und sie hatten keine Lust mehr auf die Sozialamtgeschichte. 1:0 Ebbers, so soll das. Fühlt sich auch irgendwie viel besser an, als auf das Gegentor zu warten. Schönes Detail am Rande das 2:0 durch Richard Sukuta-Pasu, der gerade 19-21 Sekunden (die Quellen widersprechen sich da etwas) auf dem Platz war, und dann mit dem zweiten Ballkontakt das Tor machte. Schöner Einstand.

Vom Papier her: 2:0 in Ahlen gewonnen, das ist Standesgemäß. Vom Spiel machte es zeitweise wirklich etwas unsicher, ob wir das gute Hinrundenniveau nicht genau im Spiel gegen Schalke abgelegt hätten. Mal schauen, wie es weiter geht.

Nächste Woche kommt Aachen ans Millerntor. Die haben mit uns zwar nach dem 5:0 Sieg zur Eröffnung des neuen Tivoli noch irgendwie ein Hühnchen zu rupfen, liegen uns aber an sich ungefähr so gut, wie wir den Fürthern, von daher könnte das noch ein kleines Fußballfest in Braunweiß geben. Hoffentlich.

Wollen die mich umbringen?!

Hey, ich bin 34. Vierunddreißig! Ich will noch nicht sterben.Dazu ist es noch viel zu früh!

Was soll sowas?

Da hat man Monatelang fußballabstinent gelebt, hat den DfB-Pokal mit der ihm gebührenden Stoik ertragen und sich nicht Mal wirklich von einem Grottenspiel gegen einen Fünftligisten stressen lassen.

Und dafür dann das:

Von Null auf 180.

Kein entspanntes Nullnull, kein noch entspannteres Viernull für uns. Neee, Zwoeins.

Zwo. Eins.

Klingt gut? Heimsieg? Klar, drei Punkte. Toll.

Und das Spiel war zum Teil echt gut, aber könnten die Jungs auf dem Rasen bitte nächstes Mal wieder versuchen so zu spielen, dass ich nach dem Spiel keinen Herzkasper habe?

Dass ich nicht in der 94. Minute erstmal vier Stehplatzreihen nach unten fliege, dann vermutlich sechs nach oben, dann wieder zwei nach unten. Hey, bei sowas könnte man sich den Fuß brechen (Okay, lieber beim Torjubel als sonstwie… )! Und dann auch noch plötzlich von Herrn Textundblog geherzt werden. Das ist dann schon fast zu viel, für mein armes Herz.

Torjubel! Zwei zu eins! In der Vier-und-neun-zig-sten Minute!

Und mindestens 200 neue graue Haare auf meinem Kopf. Naja, egal, die kommen eh. Besser so, als durch Niederlagen.

Dabei ging alles so entspannt los, ich hatte während der ersten Hälfte noch “Unaufgeregt” als Titel für dieses Posting im Kopf. Ich war erstaunt, wie ruhig und gelassen der FC St. Pauli sein Spiel spielte. Recht oft präzises Passspiel über viele Stationen. Munteres rochieren im offensiven Mittelfeld, teilweise entspanntes Ballhalten auf Höhe der Mittellinie, bis dann doch – nach gefühlten 2-3 Minuten der überraschende Pass in die Spitze kam. Das sah schon richtig gut aus! Genau so spielt man gegen eine Mannschaft wie Ahlen, die in der ersten Hälfte mit zwei Viererketten am eigenen Strafraum bzw. 15 Meter davor standen. Folgerichtig das 1:0. Jubel die erste. Noch.. verhaltener, weil – ganz ehrlich – ungestresster.

Der Spielverlauf wirkte auf mich so ein bisschen, als hätten die Spieler 15, 20 Minuten gebraucht um “zufrieden” mit dem Passspiel zu sein, so dass sie jetzt auch etwas Dynamik ins Spiel brachten. Gefiel mir echt.

Aber einem gewissen Matthias Hain, seines Zeichens St.-Pauli-Torwart, passte das wohl nicht, jedenfalls war ich gerade dabei endlich mal halbwegs entspannt den Halbzeitpfiff zu erwarten, als er sich spontan dazu entschloss unter dem Ball hindurchzuhüpfen und irgendein Ahlener mußte dann nur noch den Schädel hinhalten. NEIN? doch.

Irgendwo hab ich was von 70% Ballbesitz gelesen. Das kommt hin. Superspiel. Bis auf… siehe oben.

Nach der Pause war’s dann etwas weniger dominant, vor allem auch, weil die Ahlener begonnen mitzuspielen. Nicht gut, aber.. ausreichend um St. Pauli etwas zurückzudrängen. Viel hintenrum, leider immer wieder hohe Bälle in die Spitze. Was mir plötzlich fehlte war die Dynamik. Irgendwie war das Spiel nämlich immer noch unaufgeregt. Was wohl objektiv auch gut sein mag, immerhin bringt Stress dem Spiel selten was, aber.. als Fan ist das übel. Ich brauch dann doch mal das Gefühl, dass zwei Gänge hochgeschaltet wird. Stoisch-beharrliches Spielaufbauen und geduldiges auf-die-Chance-warten … daran muß ich mich noch gewöhnen. Machen die Bayern seit Jahren so, meistens erfolgreich, aber… St. Pauli war bisher halt eher Krampf und Kampf. Aber okay – solang dabei das 2:1 rausspringt, alles richtig gemacht. Nur nächstes Mal bitte.. in der 70. Minute? Oder vielleicht einfach keinen Gegentreffer bekommen? Oder beides? Am besten beides!

Naja, die Neuen haben mich echt überzeugt. Superspiel von Matze Lehmann (inkl. 1:0), hammergeil, wie Denis Naki sich auf Links immer wieder nach vorne spielte, genial die Übersicht, mit der vor dem 1:0 den Ball am Strafraumrand quer legte, anstatt selbst den Abschluss zu suchen (und dabei zu versagen). Ein Dribbelkönig mit Zug zum Tor und Spielübersicht. Wow. Klasse. Klasse auch, dass Nils Pichinot bei seinem ersten Spiel in einer Profimannschaft sein erstes Tor macht.

Und wenn dann in den nächsten Wochen mit Charles Takyi und Max Kruse noch zwei weitere – vermeintlich gesetzte – offensive Midfielder zurückkommen…Das macht echt optimistisch, dass wir mit den Jungs noch viel Spaß haben werden.

Herztakt wieder runterfahren, ne Woche zum Entspannen.

Nächsten Montag geht’s dann nach Aachen – Eröffnungsspiel im neuen Tivoli. Und: Juhu, ich bin dabei!
Und ich glaube fest an einen Auswärtssieg. Sonst müsste ich ja gar nicht erst dahin fahren. Auch wenn Dirk das sicherlich anders sehen wird.