Geduld

Wie wird man eigentlich „richtig geduldig“?

Ich meine, ich bilde mir ja meistens ein, ich wäre durchaus in der Lage auch auf Dinge die länger warten müssen einigermaßen ohne genervt zu sein reagieren zu können.
Teilweise klappt das natürlich auch, einfach weil man dann eben auch nicht ständig darüber nachdenkt. Irgendwie dachte ich bisher immer, wenn es denn „voran“ ginge, würde ich auch bei Dingen die mir präsent sind besser sein. Aber irgendwie haben mich die letzten Tage mal wieder vom Gegenteil überzeugt.

Beispiel: Wir arbeiten im Team an einem Projekt. Mir obliegt es nun, den letzten Schritt zu gehen, sprich in einer Powerpoint-Präsentation die Ergebnisse zu interpretieren. Dazu bekomme ich nach und nach von den Kolleginnen Material. Immer wenn etwas Material da ist, kann ich wieder ein wenig weiter arbeiten. Immer, wenn ich aber wieder auf Material warten muss, wurde ich unruhig. Aufstehen, umhergehen, gucken ob irgendwo schon wieder was ist, mit dem ich weiter machen kann. Und es ist ausdrücklich nicht so, dass ich „zu lange“ warten müsste! Trotzdem tigere ich wie wild durch den Raum, so dass aufmerksame und liebe Kolleginnen dies merken und mich irritiert angucken.

Beispiel: Ich schicke jemandem eine Mail/SMS/Whatever. Die Antwort kommt nicht innerhalb der ersten 10 Minuten, und schon werde ich unruhig. Gucke auf mein Handy, polle alle zwei Minuten E-Mails etc.. Wenn ich nach ein paar Stunden nichts gehört habe werde ich richtig nervös, nach einem Tag beginne ich daran zu zweifeln, dass es überhaupt noch Sinn ergibt mit dem Betroffenen zu sprechen. Obwohl ich weiß, dass möglicherweise andere Dinge grad im Vordergrund stehen. Ich fürchte ich kann dann sogar sehr penetrant werden (von daher hier mal eine Entschuldigung an alle bei denen ich durch diese Penetranz schon mal unangenehm aufgefallen bin, es ist leider oft für mich die einzige Chance nicht völlig „wahnsinnig“ zu werden, rumtigern und so halt. Ist aber eigentlich lieb gemeint. Eigentlich heißt das nur „ich mag dich“.).

Wie lernt man also Geduld? Wie wird man ausreichend gleichmütig um sich in solchen Situationen einfach dem „Schicksal“ zu ergeben und abzuwarten. Am Ende ist es ja doch egal, am Ende ist das Ergebnis unabhängig von der (subjektiv unendlich langen) Wartezeit doch dasselbe. Am Ende erzielt man, erziele ich mit meiner Ungeduld genau gar keinen Vorteil. Schlimmstenfalls führt die dadurch ausgelöste Penetranz sogar zum Gegenteil.
Ungeduld in dem Maße ist also sogar evolutionär eine Sackgasse (wie gut, dass ich absolut keinen Nachwuchs plane, so kann ich sicher sein, dass ich diese Eigenschaft nicht vererbe).

Hat jemand einen Tipp?

Ablenken funktioniert übrigens nicht, mein Kopf ist sehr erfolgreich darin, immer wieder das, was mich ungeduldig macht in den Vordergrund zu holen. Ich weiß, dass Multitasking für Menschen quasi nicht möglich ist, aber Parallel-Tasking geht. Und spätestens alle 2 Minuten poppt dann wieder dieser „Ungeduld-Task“ nach vorn. „Warum ist noch nicht, warum hat noch nicht, was dauert so lang, es geht nicht vorwärts“

Wie also damit umgehen? Wie „aussitzen“ ohne dabei phasenweise wahnsinnig zu werden?

Wahnsinnig werden klappt übrigens aus eigener Erfahrung ganz gut. Wenn ich mit meiner Penetranz dann auch nicht weiter komme, kippt es irgendwann einfach über. Dann male ich mir eine Weile (leider unter Umständen ein bis zwei Tage lang) aus, was schlimmstenfalls alles passiert sein könnte oder welche Konsequenzen das Wartenmüssen für mich schlimmstenfalls haben könnte (Nie wieder Kontakt mit lieben Menschen, Projekt an die Wand fahren und vom Kunden ärger bekommen, Hohe Kosten, weiterer Stress etc.) und irgendwann bin ich dann „voll“. Dann hatte ich alle Gefühle die mir negativ in den Sinn kommen offenbar schon ausreichend intensiv, so dass es dann eh nicht mehr schlimmer kommen kann. Dann geht’s plötzlich wieder einigermaßen. Aber sinnvoll ist das ja auch nicht, zumal ja meistens eben nicht „das schlimmste“ passiert, sondern in der Regel eben nur irgendwas banales. Und ich will nicht immer wieder „wahnsinnig“ werden, nur weil ich ab und zu zu ungeduldig bin. Das ist anstrengend!

Ich wäre für umsetzbare und hilfreiche Vorschläge enorm Dankbar 

Löcher in der Zeit

Was beschäftigt mich sonst noch gerade?

Was passiert eigentlich mit der Zeit, die wir mit Nichts füllen?
Also mit gar nichts?
Kennt ihr das: Man sitzt rum, hat meistens sogar schon im Kopf was man als nächstes tun soll oder besser noch will, und schweift ab? Und nach ’ner Weile schaut man auf die Uhr und Zeit ist…vergangen wäre wohl das falsche Wort

…einfach weg?

Nicht so wie wenn man geschlafen hat, sondern einfach ein Loch in der Zeit? Und damit ja auch ein Loch im Leben?

Mir passiert so was immer mal wieder wenn ich ausschließlich warte. Am Bahnsteig, in der U-Bahn etc…

Kann man die Zeit nachfordern am Ende?
(„Hey, abgesprochen waren 83 Jahre, ich finde ich habe das Recht diese dann auch weitestgehend mit zu bekommen?“)
Ist es dass, was denen passiert die von Nahtoderlebnissen berichten?
Haben die einfach in der letzten, entscheidenden Verhandlung noch Zeit rausgeschlagen?
Ich hab’s jedenfalls vor (ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, aber sollte mich da jemand Fragen ob ich was zu reklamieren hätte bin ich immerhin vorbereitet!). Jetzt mal auf die Christen angepasst: Hey Petrus, ich verlange mindestens noch 2 Jahre, allein wegen der u-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h-e-n Wartezeiten auf den öffentlichen Personennahverkehr im Hamburger Netz. Nur schon mal vorweg. So zur Sicherheit.